Eine kleine Gruppe unbegleitete minderjährige Ausländer spielt mit den Behörden Katz und Maus. Doch das Gros der Flüchtlingsgruppe bereitet keine Probleme.

Stuttgart - Unbegleitete minderjährige Ausländer (Uma) sind in Verruf geraten, die Politik will sie schärfer an der Kandare nehmen. Hier Fragen und Antworten.

 
Warum sind Umas ein Problem?
Der gewaltsame Tod einer Freiburger Studentin und einer 15-Jährigen in Kandel hat die Umas in Verruf gebracht: In beiden Fällen gibt es Zweifel am Alter der Tatverdächtigen. Die Frage steht im Raum, ob jugendliche Flüchtlinge dem Staat auf der Nase herumtanzen. Hinzu kommen die Banden-Diebstähle in Mannheim: Dort klaut eine Gruppe aus Nordafrika unentwegt Taschen aus Fahrradkörben. 801 solcher Diebstähle wurden allein 2017 registriert. „Ob jemand 13 oder 17, ob jemand 16 oder 22 ist, das macht Welten aus im Strafrecht und auch bei der Unterbringung und bei der Rückführung in das Heimatland“, sagt Innenminister Thomas Strobl.
Wie geht man derzeit mit Uma um?
Sie gelten als besonders schutzbedürftig und kommen in die vorläufige Obhut der Jugendämter, die sie in betreute Wohneinrichtungen oder Pflegefamilien vermitteln. Die Jugendämter beurteilen auch ihr Alter – notfalls durch ärztliche Untersuchung bis hin zum Röntgen der Handwurzel. Allerdings geht das nur mit Zustimmung der Betroffenen. Die Flüchtlinge müssen sich außerdem bei den Ausländerbehörden melden, und auch diese machen sich ein Bild vom Alter. Bei Zweifel können diese eine medizinische Altersfeststellung sogar erzwingen.
Wie viele Umas gibt es derzeit im Land?
Die Landesregierung hat die Jugendämter Anfang 2017 gebeten, alle Umas der Polizei zu melden, damit von diesen, falls noch nicht geschehen, Fotos und Fingerabdrücke genommen werden. Gemeldet wurden daraufhin 7500 Uma. Allerdings stellte sich heraus, dass rund 800 Flüchtlinge mehrfach registriert waren – bei verschiedenen Behörden oder in leicht unterschiedlicher Schreibweise. In diesem Frühjahr ist eine erneute Überprüfung vorgesehen: Dann müsste die Zahl der Uma also um einiges niedriger liegen. Etwa 2200 Umas waren übrigens noch nicht erkennungsdienstlich erfasst und wurden deshalb zu den Behörden gebeten. 1800 erschienen, 1000 wurde nacherfasst. Und der Rest? Wurde entweder vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Lauf des Jahres nachträglich registriert oder zog in ein anderes Land.
Sind Jugendämter bei der Altersfeststellung zu großzügig?
Dieser Verdacht wird immer wieder geäußert. Vor allem die freien Träger hätten ein finanzielles Interesse daran, möglichst viele Umas zu betreuen, denn dies bezahlt der Staat, heißt es. Das stimmt. Doch die Zahlen des Innenministeriums sprechen eine andere Sprache. Lediglich bei einer niedrigen zweistelligen Zahl musste die Polizei eine nachträgliche Altersfestellung empfehlen. Im Innenministerum heißt es deshalb: „Wir haben keine Uma-Krise.“ Und auch SPD-Innenpolitiker Sascha Binder sagt: „Der große Skandal ist das nicht.“
Was schlägt die Politik vor?
Die Landtags-CDU will über den Bundesrat das Aufenthaltsgesetz reformieren: Wer sich als Uma einer Altersuntersuchung verweigert, für den soll die Volljährigkeit gelten. „Dann muss der Flüchtling zukünftig den Nachweis erbringen, dass er noch minderjährig ist. Die Beweislast wird umgekehrt“, sagt CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart. Das schlägt auch der Tübinger OB Boris Palmer (Grüne) vor. Außerdem sollen künftig die Ausländernbehörden die Altersfeststellung vornehmen, nicht mehr die Jugendämter. In dieselbe Richtung zielt das Sondierungspapier von CDU und SPD auf Bundesebene. Sie haben vereinbart, die Identitätsfeststellung auch für Umas in zentralen Aufnahmeeinrichtungen vorzunehmen – noch bevor diese bei den Jugendämtern anklopfen. Auf Landesebene gibt es über diese Schritte aber keinen Konsens. Die Grünen lehnen das ab – auch deshalb, weil die EU für den Sommer eine Verordnung mit ähnlicher Zielsetzung angekündigt hat.
Wie geht man mit dem Mannheimer Problem um?
Im Herbst 2017 hat Oberbürgermeister Peter Kurz einen Hilferuf nach Stuttgart geschickt, weil mehr als ein Dutzend Kriminelle aus Nordafrika andauernd Straftaten begehen. Da Uma als besonders schutzbedürftig gelten, würden Verfahren regelmäßig eingestellt, klagte er. Behördenvertretern haben bei einem Treffen im Sozialministerium im Dezember zwar ein Lösungskonzept angekündigt. Doch das Problem ist weiterhin virulent: Solche Diebstähle hätten „Hochkonjunktur“, vermeidete dieser Tage das Polizeipräsidium. Innenpolitiker wie der SPD-Experte Sascha Binder schlagen vor, die Gruppe zu zerschlagen und neu zu verteilen. Doch auch das ist umstritten. Das Problem ist also nicht gelöst. Allerdings: Mit der Altersfestellung hat es nichts zu tun. Wie alt die Mannheimer Straftäter sind, ist bekannt: zwischen 11 und 16. Theoretisch können straffällige Umas auch abgeschoben werden – allerdings nur, wenn eine geeignete Aufnahmeeinrichtung sie am Ziel in Obhut nimmt.