Gegen den Trend: Anders als in anderen Chören singen in der Strohgäukantorei jede Menge junge Leute mit. Warum ist das so?

Es sind zwei Leidenschaften, die Lars Hufeld hat: Umweltschutz und Musik. Umweltschutztechnik studiert der 22-Jährige, der Musik geht er in seiner Freizeit nach. Lars Hufeld singt nonstop seit der ersten Klasse in der Strohgäukantorei, inzwischen im Jugendchor, wo er sich auch als Komponist einen Namen gemacht hat. Seine drei Stücke – ein Segenslied, ein Stück für das Musical Showtunes und eins für das Adventskonzert – wurden schon aufgeführt.

 

Die Chorleiterin Simone Jakob nennt Lars Hufeld ein „Ausnahmetalent“. Er hat eine musikalische Familie, der Vater spielt Schlagzeug, die Mutter und die Schwestern singen ebenfalls. „Musik macht mir sehr viel Freude“, sagt der 22-Jährige, der täglich am Klavier sitzt und Songs schreibt – meistens aber nur für sich. Im Chor habe er schon früh Solos gesungen. „So wächst man Stück für Stück.“

Knapp 100 junge Sängerinnen und Sänger sind dabei

Die Strohgäukantorei gibt es seit dem Jahr 2001. Angefangen hat alles in Möglingen mit einem Kinderchor. Der lief gut, doch als die Mädchen und Jungen älter wurden, galt es, neue Angebote zu schaffen. Heute ist die Strohgäukantorei ein Verbund von Kinder- und Jugendchören in der Seelsorgeeinheit Strohgäu. Sie besteht aus acht aufeinander aufbauenden Chorgruppen mit insgesamt knapp über 100 Sängerinnen und Sängern. Weil die katholischen Kirchengemeinden Möglingen, Münchingen mit Hemmingen und Schwieberdingen sowie die evangelischen Kirchengemeinden Hemmingen und Schwieberdingen die Strohgäukantorei tragen und finanzieren, kostet die Teilnahme nichts. Die Chöre sind offen für alle unabhängig des Glaubens, gleichwohl sind die meisten Auftritte in Kirchen. Und trotzdem: „Es gibt wenig Literatur, die wir nicht singen“, sagt die Chorleiterin Jakob.

Anders als andere Chöre kann die Strohgäukantorei nicht über fehlenden Nachwuchs klagen. Allenfalls die Sängerknaben, derzeit fünf an der Zahl, sind Mangelware, bis wieder von unten Nachwuchs ab neun, zehn Jahren nachkommt. „Die Strohgäukantorei ist funktionierende ökumenische Jugendarbeit“, sagt Sabine Beck-Maihoff vom Leitungskreis. Besonders der Jugendchor wachse kontinuierlich. Ein Selbstläufer ist der Erfolg aber nicht. „Man braucht eine Menge Kreativität, gute Ideen wie das Benefizkonzert mit Judy Bailey, Engagement und Organisation.“

Fast alle Kinder lieben das Singen – das muss man fördern

Die Chorleiterin Jakob sagt, man müsse „unglaublich viel Basisarbeit leisten“, gerade um Jungs zu gewinnen. Also kooperiert die Kantorei mit Kitas und Schulen. „Am besten bindet man die Kinder an den Chor, bevor sie auf eine weiterführende Schule gehen“, so Jakob. Später fehle oft die Zeit für ein (weiteres) Hobby. Ihre Arbeit mit Grundschülern zeige, dass „fast alle Kinder singen lieben“. Da müsse man früh den Keim legen. Zudem hätten immer weniger Grundschulen einen eigenen Chor.

Wer mitsingt, hat regelmäßig einen Auftritt, die zwei großen Konzerte sind im Sommer und im Advent. Auftritte würden die Motivation steigern: Die Kinder fiebern auf einen Auftritt hin, wollen zeigen, was sie können, sich beweisen, und danach: herrscht Freude über den Zuspruch. Dabei legen die Chorleiter Wert darauf, dass sich alle Gruppen präsentieren und auch die Jüngsten nach Möglichkeit Solos singen. „Das stärkt das Selbstbewusstsein. Die Gemeinschaft trägt unheimlich“, sagt Simone Jakob.

Auftritte sind das Salz in der Suppe

Überhaupt würden Kinder vom Chor profitieren. Sie würden lernen, präsent zu sein oder aufeinander zu hören. Ihnen werde Disziplin beigebracht – wie stelle ich mich hin, wie halte ich die Noten? – aber auch Wertschätzung: Singen andere, bin ich still. Eine wichtige Rolle spielen die Eltern. „Wenn das Kind mal lustlos ist, sollten sie es motivieren“, sagt Simone Jakob. Spätestens bei den Proben komme die Lust zurück. „Und mit Blick auf die Auftritte lohnt sich eine Durststrecke“, sagt Sabine Beck-Maihoff. Neben den Auftritten und Proben gibt es Chorfreizeiten, Chorreisen, Feiern bei der Chorleiterin. „Angebote am Rand sind wichtig für die Gemeinschaft“, findet Simone Jakob.

Sie war es auch, die vor einigen Jahren den Jugendchor aufbaute, der zuvor ein Projektchor war. Geprobt wird einmal im Monat am Wochenende für mehrere Stunden, damit auch die Studenten teilnehmen können. Das Konzept geht auf: Rund 30 Mitglieder seien konstant dabei. Auch dass Simone Jakob während der Pandemie alles daransetzte, dass der Jugendchor online fast so gut wie in Präsenz probte, hielt diesen zusammen. „Gesanglich haben wir mehr gelernt als sonst“, so Lars Hufeld. Aufgetreten ist der Chor, wie es laut den Verordnungen erlaubt war. „Wir haben großen Zuspruch bekommen“, sagt er. Das habe alle motiviert, auch beim nächsten Mal mitzumachen.