Nur knapp hat die Junge Union (JU) im Land ihren umstrittenen Chef Nikolas Löbel im Amt bestätigt. Kehrt bei dem CDU-Nachwuchs nun wieder Ruhe ein?

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Kurz nach seinem Zittersieg strotzte Nikolas Löbel (26) schon wieder vor Selbstbewusstsein. „Die Junge Union ist stark wie eh und je“, verkündete der Jurastudent. Von einer Spaltung könne keine Rede sein, dass es mehrere Bewerber für einen Posten gebe, sei ein „normaler demokratischer Prozess“. Gönnerhaft lobte er die Rechtsanwältin Maria-Lena Weiss (31), die ihm mit 118 zu 135 Stimmen nur knapp unterlegen war: „Es gehört auch Mut dazu, in eine Kampfkandidatur zu gehen.”

 

In den Stunden zuvor hatte Löbel noch ganz anders geklungen. Demütig und selbstkritisch präsentierte er sich beim Landestag des CDU-Nachwuchses in Sinsheim. Dazu hatte er auch allen Anlass: In seinem ersten Amtsjahr ist aus dem wohlgeordneten Verband, den ihm der Bundestagsabgeordnete Steffen Bilger hinterlassen hatte, eine zerstrittene Truppe geworden. Die Jungunionisten waren weniger mit dem politischen Gegner als mit sich selbst beschäftigt. In den letzten Wochen wurden die Grabenkämpfe gar so heftig, dass sie immer wieder an die Öffentlichkeit drangen.

„Ich trage das Herz zu oft auf der Zunge“

Das mag zum einen mit der Abwahl der CDU in Baden-Württemberg zu tun haben: Bei den Youngstern fehlt das disziplinierende Band der Macht offenkundig noch mehr als bei der Mutterpartei. Doch der Hauptgrund war wohl Löbels Führungsstil. Immer wieder wurden ihm Alleingänge, unabgestimmtes Vorgehen oder überzogene Äußerungen vorgeworfen - etwa bei seiner Kritik an Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus oder der Forderung nach der Rente mit 70. Zuletzt brachte der Landeschef die JU bundesweit in die Schlagzeilen, weil er das Studentennetzwerk von Aserbaidschan als Sponsor für das Jahrestreffen verpflichten wollte.

Das Bild des CDU-Nachwuchses war derart desolat, dass Löbel es in Sinsheim gar nicht zu beschönigen versuchte. Stattdessen streute er sich kiloweise Asche aufs Haupt. „Ich muss gestehen, dass ich ... Fehler gemacht habe“, bekannte er reumütig. Er habe „erst lernen müssen, mit welch großer Verantwortung dieses Amt verbunden ist“. Man könne die Jungen Union eben nicht wie den „Verein um die Ecke“ führen. Er sei „ein Mensch mit Fehlern und Schwächen“ - so etwa der, „das Herz zu oft auf der Zunge zu tragen“ -, aber auch mit Stärken. „Meine größte Stärkte ist, dass ich zu meinen Fehlern stehe.“

Scharfe Kritik am Sponsor aus Aserbaidschan

Einen Fehler mochte Löbel aber partout nicht einsehen: trotzig verteidigte er das von der StZ aufgedeckte geplante 2000-Euro-Sponsoring durch das Aserbaidschanische Studentennetzwerk. Politisch und rechtlich halte er es nach wie vor für unproblematisch, den Rückzieher habe er nur gemacht, um der JU die öffentliche Debatte zu ersparen. Doch die Delegierten sahen das überwiegend anders. Jeder mäßig begabte Zeitgenosse, wurde ihm entgegengehalten, hätte von dem Plan nach „zehn Minuten Internetrecherche“ Abstand genommen. Da sei die Nähe zwischen dem Netzwerk und dem staatlichen Energiekonzern nämlich unübersehbar - und mithin zu einem undemokratischen „Regime, das seine Bürger einsperrt“. „Der Dialog mit Schurken-Regimen war noch nie fruchtbar“, widersprach ein anderer Redner dem Argument, man unterstützte durch die Kontakte den Prozess der Demokratisierung. Die Nennung als Sponsor in der Einladung sei doch geradezu eine Steilvorlage für die Medien gewesen, meinte ein Delegierter verständnislos. Der JU-Bundesvorsitzende Philipp Missfelder immerhin hatte das erkannt und sich umgehend distanziert. Auch die Landes-CDU dürfte ihren Anteil daran gehabt haben, dass der Vertrag nach den StZ-Recherchen rasch wieder aufgelöst wurde.

Auf den „dubiosen Sponsor“ ging die Herausforderin Weiss in ihrer Vorstellungsrede nicht mehr ein. Sie versprach der Parteijugend vor allem einen anderen Führungsstil: „Team ist nicht die Abkürzung für ,Toll, einer allein macht’s’.“ Politik funktioniere „nur als Mannschaftssport“, der eigentliche Gegner sei Kretschmanns „grün-rote Gurkentruppe“. Am Ende reichte es für sie vielleicht auch deshalb nicht, weil sie rhetorisch deutlich hinter Löbel zurückblieb. Als Vizelandeschefin trat sie danach nicht mehr an.

Zweifel an einer Befriedung

Nun gelte es, die Junge Union wieder zusammenzuführen, mahnte der CDU-Landeschef Thomas Strobl; er traue Löbel das zu. Andere Parteistrategen äußerten sich weniger optimistisch: das denkbar knappe Ergebnis, so ihre Sorge, bringe „keine Befriedung“. Eine Interpretation des Ergebnisses wollte der JU-Chef übrigens nicht gelten lassen: Der Sieg des Nordbadeners gegen die Tuttlingerin sei ein Fingerzeig für die Kür des CDU-Spitzenkandidaten 2016 zwischen dem (nordbadischen) Fraktionschef Peter Hauk und dem (Tuttlinger) Landtagspräsidenten Guido Wolf. Löbel: „Das hat damit überhaupt nichts zu tun.“