„Ich war schon mit meinem Großvater immer im Boot auf dem Wasser unterwegs“, erzählt Dri seine Verbundenheit zu dem venezianischen Traditionshandwerk. „Die Boote gehören einfach zu der Lebensart dieser Stadt dazu, sie geben ihr so eine natürliche Langsamkeit“, findet Dri. Seit 2013 hat er im Viertel Cannaregio, in einer kleinen Gasse, die von der Strada Nova abgeht, seine eigene Werkstadt. „Ich bin damit einer von denen, die etwas Gutes für Venedig tun“, sagt er ein bisschen schüchtern aber stolz.

 

Was ihn stört, ist nicht, dass es in Venedig keine Diskothek gibt. „So etwas brauche ich nicht.“ Aber es fehlen immer mehr Geschäfte des alltäglichen Lebens: Schuhmacher, Reinigungen, traditionelle Metzger oder Bäckereien zum Beispiel. „Dafür haben wir an jeder Ecke ein Geschäft mit venezianische Masken oder Handybedarf“, sagt Dri. Eben das, was für die Touristen gedacht ist. „Aber wenn ich zum Beispiel mal ein kreatives Weihnachtsgeschenk kaufen will – da gibt es nur wenige Möglichkeiten. Am Ende ist es doch alles dasselbe, was diese Läden hier verkaufen.“

500 Venezianer protestieren gegen die Abwanderung – sie wollen bleiben

Auch Piero Dri hat nichts gegen die Touristen. Ganz im Gegenteil. „Wenn eine Person neugierig auf neue und andere Orte ist, dann ist das doch etwas tolles, was man unterstützen sollte“, findet er. Seine Werkstatt zeigt er gerne Fremden, führt sie herum, erklärt ihnen, was es mit seiner Arbeit auf sich hat. „Wir müssen doch den Leuten das richtige, das authentische Venedig zeigen. Nicht das, was wir extra für die Besucher kreiert haben“, sagt Dri. „Nur ein Beispiel: Die Besucher kaufen sich hier ein Brötchen, wenn sie Hunger haben. Warum wird das dann nicht von einem Bäcker vor Ort hergestellt, sondern wird irgendwo eingekauft und aufgebacken?“ Das Verhältnis habe sich in den letzten Jahren umgedreht, sagt Dri: „Wir Venezianer leben in der Welt der Touristen, nicht die Touristen in unserer – das macht doch keinen Sinn.“ Dabei steht Venedig und seine Lagune seit 1987 auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes.

Wie Marco Caberlotto engagiert sich auch Piero Dri für ein besseres Leben in der Stadt. Er ist Teil der Bewegung „25. Aprile“, auch sie ein Zusammenschluss junger Venezianer. Es gibt Dutzende solcher Initiativen, oft stellen sie zusammen etwas auf die Beine. Wie am 12. November, als rund 500 Venezianer aus Protest gegen die Wohnungsnot in der Stadt mit Koffern auf den Rathausplatz zogen, um gegen die Abwanderung zu demonstrieren.

Anders als die Initiativen, die sich in Venedig seit Jahren gegen die hochaushohen Kreuzfahrtschiffe wehren, die direkt an die Lagunenstadt heranfahren, will die „Generazione90“ nicht gegen etwas sein, sondern Vorschläge machen. Caberlotto zählt ein paar auf: So sollte die Stadt Hausbesitzern Anreize dafür geben, an junge Familien zu vermieten statt an Touristen. Steuerliche Vorteile beispielsweise. Oder sie sollte – wie das unter anderem Florenz bereits gemacht hat – mit der Online-Plattform „air b&b“ eine Abmachung treffen, dass die Übernachtungssteuer bereits bei Online-Buchung entrichtet wird. So könnte diese Steuer nicht mehr umgangen werden oder in die eigene Tasche der Vermieter wandern.

Das größte Problem ist es, eine bezahlbare Wohnung zu finden

Das größte Problem, mit dem die jungen Venezianer zu kämpfen haben, ist die Wohnsituation. Venedig ist begrenzt, von Wasser umgeben, Neubauten gibt es kaum. Und für Hauseigentümer ist es wirtschaftlich lukrativer, ihren Wohnraum an Touristen zu vermieten als an Einheimische. „Für eine kleine 40 Quadratmeter-Wohnung, die noch nicht mal gut in Schuss ist, zahlt man hier auf der Insel mehr als 1000 Euro“, sagt Caberlotto. Er hat Glück: Er wohnt direkt an der berühmten Rialto-Brücke – in einem Haus, das seiner Mutter gehört. Der Mitarbeiter einer Film-Produktions-Firma in Maestre zahlt daher keine Miete.

Piero Dri kann sich die Mieten in der Stadt nicht leisten. Der 33-Jährige lebt daher noch bei seiner Familie. Dri hat in Padova Astronomie studiert, hat aber bereits während des Studiums gemerkt, dass das Akademische Leben nichts für ihn ist. Heute steht er in seiner Werkstadt, in der der Duft nach Sägespänen und der beige Staub, der in der Luft hängt, bereits von seiner Arbeit erzählen, bevor er damit beginnt. Dri ist Forcolaio. Er beherrscht damit ein traditionelles Handwerk – er stellt die Gabeln her, die als Halterung und Stabilisierung der Ruder der Gondoliere dienen. Zwischen 150 und 1100 Euro kostet eine Gabel, die er aus einem einzigen Stück Walnussbaumholz fertigt. Außer ihm gibt es noch drei weitere Meister in der Stadt, die diese Kunst beherrschen.

Maskenläden und Handygeschäfte verdrängen Traditionsgeschäfte

„Ich war schon mit meinem Großvater immer im Boot auf dem Wasser unterwegs“, erzählt Dri seine Verbundenheit zu dem venezianischen Traditionshandwerk. „Die Boote gehören einfach zu der Lebensart dieser Stadt dazu, sie geben ihr so eine natürliche Langsamkeit“, findet Dri. Seit 2013 hat er im Viertel Cannaregio, in einer kleinen Gasse, die von der Strada Nova abgeht, seine eigene Werkstadt. „Ich bin damit einer von denen, die etwas Gutes für Venedig tun“, sagt er ein bisschen schüchtern aber stolz.

Was ihn stört, ist nicht, dass es in Venedig keine Diskothek gibt. „So etwas brauche ich nicht.“ Aber es fehlen immer mehr Geschäfte des alltäglichen Lebens: Schuhmacher, Reinigungen, traditionelle Metzger oder Bäckereien zum Beispiel. „Dafür haben wir an jeder Ecke ein Geschäft mit venezianische Masken oder Handybedarf“, sagt Dri. Eben das, was für die Touristen gedacht ist. „Aber wenn ich zum Beispiel mal ein kreatives Weihnachtsgeschenk kaufen will – da gibt es nur wenige Möglichkeiten. Am Ende ist es doch alles dasselbe, was diese Läden hier verkaufen.“

500 Venezianer protestieren gegen die Abwanderung – sie wollen bleiben

Auch Piero Dri hat nichts gegen die Touristen. Ganz im Gegenteil. „Wenn eine Person neugierig auf neue und andere Orte ist, dann ist das doch etwas tolles, was man unterstützen sollte“, findet er. Seine Werkstatt zeigt er gerne Fremden, führt sie herum, erklärt ihnen, was es mit seiner Arbeit auf sich hat. „Wir müssen doch den Leuten das richtige, das authentische Venedig zeigen. Nicht das, was wir extra für die Besucher kreiert haben“, sagt Dri. „Nur ein Beispiel: Die Besucher kaufen sich hier ein Brötchen, wenn sie Hunger haben. Warum wird das dann nicht von einem Bäcker vor Ort hergestellt, sondern wird irgendwo eingekauft und aufgebacken?“ Das Verhältnis habe sich in den letzten Jahren umgedreht, sagt Dri: „Wir Venezianer leben in der Welt der Touristen, nicht die Touristen in unserer – das macht doch keinen Sinn.“ Dabei steht Venedig und seine Lagune seit 1987 auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes.

Wie Marco Caberlotto engagiert sich auch Piero Dri für ein besseres Leben in der Stadt. Er ist Teil der Bewegung „25. Aprile“, auch sie ein Zusammenschluss junger Venezianer. Es gibt Dutzende solcher Initiativen, oft stellen sie zusammen etwas auf die Beine. Wie am 12. November, als rund 500 Venezianer aus Protest gegen die Wohnungsnot in der Stadt mit Koffern auf den Rathausplatz zogen, um gegen die Abwanderung zu demonstrieren.

Anders als die Initiativen, die sich in Venedig seit Jahren gegen die hochaushohen Kreuzfahrtschiffe wehren, die direkt an die Lagunenstadt heranfahren, will die „Generazione90“ nicht gegen etwas sein, sondern Vorschläge machen. Caberlotto zählt ein paar auf: So sollte die Stadt Hausbesitzern Anreize dafür geben, an junge Familien zu vermieten statt an Touristen. Steuerliche Vorteile beispielsweise. Oder sie sollte – wie das unter anderem Florenz bereits gemacht hat – mit der Online-Plattform „air b&b“ eine Abmachung treffen, dass die Übernachtungssteuer bereits bei Online-Buchung entrichtet wird. So könnte diese Steuer nicht mehr umgangen werden oder in die eigene Tasche der Vermieter wandern.

Eine Stadt ohne Autos, ohne Metro

Etwas, was sofort umgesetzt werden könnte, wäre die Schließung der Piazza San Marco. Ähnlich wie auf der Piazza San Piero vor dem Petersdom in Rom würden die Touristen nur nach einer Einlasskontrolle auf den Platz gelassen. Vielleicht könnte man sogar Eintritt nehmen – wie in einem Museum. „Wir müssen uns einfach darüber im klaren sein, dass Venedig keine Stadt ist wie jede andere – sie ist sehr fragil und gehört daher extra geschützt“, so Caberlotto. Die Stadt zeige sich zwar offen für die Vorschläge, doch vor wenigen Wochen erst wurde beschlossen, die Zahl der Parkplätze an der Piazzale Roma zu halbieren. „Wenn du aber in Venedig wohnst und ein Auto hast, musst du es quasi hier vor den Toren der Altstadt parken“, sagt Caberlotto. „So eine Politik bewirkt doch genau das Gegenteil – nämlich dass noch mehr Leute hier wegziehen.“

Warum sie nicht auch das Weite suchen? „Die Lagune löst bei mir einfach Heimatgefühl aus“, sagt Piero Dri. „Venedig ist außerdem perfekt gelegen, wir haben sowohl das Meer aber auch die Berge.“ im Prinzip sei es der beste Ort zum Leben. „Weil es Venedig ist“, sagt Macro Caberlotto. Eine Stadt ohne Autos, ohne Metro, ohne Hektik. „Wo du hinwillst, gehst du zu Fuß hin. Und wenn du zu spät dran bist, musst du eben schneller laufen.“