9000 Kilometer legte er zu Fuß und mal mit Bus oder Bahn zurück, bevor er in Deutschland ankam: Nun arbeitet Anwar H.-M. aus Bangladesch bei Habdank Metallbau in Göppingen. Der Geschäftsführer Martin Habdank ist voll des Lobes.

Göppingen - Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingswelle 2015 machte sich auch der damals 16 Jahre alte Anwar H.-M., der nicht möchte, dass sein voller Name in der Zeitung steht, auf die lange Reise von Bangladesch nach Deutschland. Für die fast 9000 Kilometer, die er mal zu Fuß und mal mit Bus oder Bahn zurücklegte, brauchte er ein halbes Jahr – einen viermonatigen Zwischenstopp zum Geldverdienen in der Türkei nicht mitgerechnet. Inzwischen arbeitet der 21-Jährige, der bei seiner Ankunft kein Wort Englisch oder gar Deutsch beherrschte, bei Habdank Metallbau in Göppingen.

 

Mittlerweile hat er die Sprache seiner neuen Heimat gelernt: „Hier ist es gut“, sagt Anwar H.-M. und ergänzt nach kurzem Überlegen: „Es gibt keine Probleme.“ Indien, Pakistan, Iran und Türkei waren die ersten Länder, die er durchquert hat. Nachts ging er weiter, und tagsüber schlief er, um zu vermeiden, dass die Polizei ihn aufgriff und festhielt.

Der junge Flüchtling kam zunächst in Salach unter

Dann war das Geld alle, das ihm sein Bruder zugesteckt hatte, und er fand Arbeit in einer Textilfabrik. Zehn bis zwölf Stunden am Tag half er bei der Produktion von T-Shirts, 400 Dollar im Monat bekam er dafür. Ein Vierteljahr später saß er mit zehn weiteren Flüchtlingen in einem Boot auf dem Weg nach Griechenland und war wieder 500 Dollar ärmer.

Weiter ging es über die westliche Balkanroute und Nordmazedonien, Serbien, Kroatien bis nach Ungarn. Anwar H.-M. gehörte zu den ersten Flüchtlingen, die von dort aus im Jahr 2015 nach Deutschland weiterreisen durften. Zusammen mit weiteren Minderjährigen kam er in Salach unter, wo er seine Betreuerin Barbara D. kennenlernte.

Anwar H.-M. wohnt bei einem älteren Ehepaar

In der Zwischenzeit hat er die Einliegerwohnung bei einem älteren Ehepaar in Eislingen bezogen. Für die Senioren mäht er regelmäßig den Rasen, im Garten hat er Tomaten und Bohnen gepflanzt. Seine Betreuerin nimmt ihn zusammen mit ihren Freunden auch in die Oper und zum Ballett mit, um ihm die Kultur nahe zu bringen. „Er konnte zu Beginn nur Bengali, deshalb haben wir erst einmal Deutsch lesen und schreiben geübt“, sagt die Lehrerin. „Das ging flott.“ Der Betreuerin half, dass sie ein paar Worte seiner Muttersprache kannte, weil ihr Mann aus dem indischen Bundesstaat Westbengalen stammt.

Geschäftsführer Martin Habdank war der junge Mann, der über ein Praktikum in seinen Betrieb fand, gleich sympathisch: „Er ist sehr wissbegierig und ehrgeiziger als viele andere.“ Es folgte eine Einstiegsqualifizierung, bei der ein Teil des Lohns die Arbeitsagentur übernimmt. Der junge Mann verrichtet nun typische Tätigkeiten für Hilfsarbeiter wie Schutzfolie auf die Metallprofile zu kleben oder bei Bedarf auch mal den Boden zu kehren: „Ihm ist nichts zu viel.“ Der angehende Azubi sei ein absolutes Vorzeigebeispiel für eine gelungene Integration, findet Habdank: „Wenn alle Seiten mitziehen, funktioniert das.“ Seine Betreuerin: „Es gibt genügend Leute, die helfen, weil Anwar so nett ist. Wenn er Geburtstag hat, fängt er schon eine Woche vorher mit dem Kochen an und lädt alle ein.“ Die leckeren Reisgerichte und Teigtaschen will sich dann auch niemand entgehen lassen.