Im Juni kommt ein Wagen von der Autobahn bei Pleidelsheim ab und landet in einem Regenbecken. Ein Mitfahrer ertrinkt in dem Auto. Der 22-jährige Fahrer wird wegen fahrlässiger Tötung verurteilt.

Pleidelsheim - Es ist 5.30 Uhr, strömender Regen in der Morgendämmerung des 4. Juni, ein BMW 346R-Sportwagen fährt auf der rechten Spur der nassen Autobahn. Zwei der drei jungen Männer in dem Auto sind eingenickt, dann übermannt auch den 22-jährigen Fahrer der Schlaf. Das Auto kommt von der Fahrbahn ab, pflügt durch einen Grasstreifen, schanzt auf die Leitplanke und wird durch die Luft geschleudert. Danach kracht der Wagen im Sturzflug und schwer beschädigt in ein Regenüberlaufbecken, das voll Wasser steht.

 

Fahrer und Beifahrer sind plötzlich wieder wach – und müssen um ihr Leben kämpfen. „Ich habe keine Luft bekommen“, erzählt der 22-jährige Angeklagte. Vergeblich versucht er, seinen auf der Rückbank liegenden Kumpel herauszuziehen, doch dann muss er sich selbst retten.

Zwei Männer überleben schwer verletzt

Sein Beifahrer hat sich zuvor schon in Sicherheit gebracht, doch ihren Freund auf der Rückbank müssen sie zurücklassen. „Dem ist nicht mehr zu helfen“, sagt der 25-jährige Beifahrer. Beide überleben schwer verletzt. Als 30 Minuten später die Rettungskräfte eintreffen, ist der dritte Mann längst tot. Der 22-jährige Fahrer steht unter Schock. „Ich habe meinen Freund umgebracht“, soll er gesagt haben.

Das Amtsgericht Ludwigsburg hat genau rekonstruiert, wie es zu diesem Todesfall gekommen ist. Der Abend nahm seinen Ausgang um 22 Uhr, als sich die drei zu einem Discobesuch in Pforzheim verabredet hatten. Der BMW-Sportwagen gehörte dem Vater des 25-Jährigen, sie holten in Sinsheim ihren Freund ab und fuhren in die Schmuck- und Goldstadt.

Doch in der Disco dort war nichts los, daher beschlossen sie, nach Fellbach in den Club Metropola zu gehen. Sie tanzten, trafen einen Freund, tranken Bier und Jacky Cola. Gegen 3.30 Uhr verließen sie die Diskothek und kamen prompt in eine Polizeikontrolle. Bei dem 25-Jährigen wurden etwas mehr als 0,5 Promille festgestellt. Daher bot sich der Angeklagte als Fahrer an, er hatte nur ein Bier getrunken und war mit 0,1 Promille noch fahrtüchtig. Zunächst brachten sie den in der Disco getroffenen Bekannten zum Stuttgarter Hauptbahnhof, dann fuhr der 22-Jährige auf die Autobahn, wo es zu dem fatalen Unfall kam. An Details konnten sich die beiden Überlebenden nicht mehr erinnern: „Ich weiß nur, wie wir durch die Luft flogen“, erzählt der Angeklagte. Dennoch beteuerte er, weder müde gewesen noch geschlafen zu haben.

Gutachter: Fahrer ist eingeschlafen

Doch diese Aussage konnte ein Gutachter der Prüfgesellschaft Dekra widerlegen. „Es gibt auf dem Grasstreifen weder Brems- noch Lenkspuren“, erklärte er vor dem Amtsgericht. Die geladene Rechtsmedizinerin schloss auch weitgehend aus, dass der 22-Jährige ohne vorige Symptome spontan vom Schlaf übermannt wurde: „Das wäre eine absolute Rarität.“ Es gebe in der Regel Anzeichen wie häufiges Gähnen oder schwere Augenlider.

Der Fahrer und der Beifahrer überlebten nur durch einen Zufall: Unmittelbar vor dem Unfall wollte sich der 25-Jährige eine Zigarette anzünden – und ließ das Fenster herunter. Durch dieses konnten die vorne sitzenden Männer später unter Wasser entkommen. Der hinten liegende Mitfahrer war nicht angeschnallt und hatte durch den Unfall eine schwere Kopfwunde. „Es könnte gut sein, dass er bewusstlos war, als er ertrunken ist“, sagte die Rechtsmedizinerin. Doch selbst im wachen Zustand wäre er laut Gutachter kaum von der engen Rückbank nach vorne gekommen.

Das Gericht verurteilte den 22-jährigen, Fahrer der eine Ausbildung zum Auto-Mechatroniker absolviert, wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung zu zehn Monaten auf Bewährung, 60 Sozialstunden – und ein Jahr Führerscheinentzug. „Es tut mir leid“, sagte dieser am Ende, „der Verstorbene war wie ein Bruder für mich. Ich wünschte, ich könnte den Unfall rückgängig machen. Doch das geht leider nicht.“