Nicolai Rodrigues da Costa ist ein aufstrebender Künstler. Ob Mikrorealismus, plastische Arbeiten oder Freehand-Tattoos – er hat den Dreh raus. Mit uns hat der 22-jährige Stuttgarter über die Liebe zu den alten Meistern, Holzschnitzarbeiten und geschenkte Tattoos gesprochen.
Wer sich in Stuttgarts kreativer Szene bewegt, wird unweigerlich auf Nicolai Rodrigues da Costa stoßen – oder besser gesagt, auf seine mikrorealistischen Arbeiten. Der 22-Jährige ist in der Stadt längst kein Unbekannter mehr: Mit Ausstellungen im Club Lehmann und im Kunstbezirk hat er bereits auf sich aufmerksam gemacht.
Bemerkenswert ist etwa seine Version von Chucky, der Mörderpuppe. Doch da Costa ist nicht nur in Galerien anzutreffen – auch beim Urban Sketching oder auf Festivals ist er zu sehen. Regelmäßig reist er durchs Land und bietet seine Kunst an. 2021 gewann er den Jugendkunstpreis Baden-Württemberg, und die nächste Ausstellung dürfte nicht weit entfernt sein. Neben der Ideenvielfalt fällt besonders die Präzision seiner Arbeiten auf, die von Zeichnungen und Plastiken bis hin zu Holzschnitzereien reichen. Seit einiger Zeit ist er auch als Freehand-Tattoo-Künstler aktiv – und das mit großem Erfolg. Besonders aufs Finelining habe er sich spezialisiert, wie er im Gespräch erzählt. Auf seinem Instagram-Profil zeigt der junge Kreative regelmäßig seine Arbeiten, seien es nun Zeichnungen oder das Tattooing. Hier kann man die Vielseitigkeit des Talents bestaunen.
„Während der Pandemie wurde mir klar: Ich will Künstler sein“
Da Costa, der das Stuttgarter Mörike-Gymnasium besucht hat, begann die intensive Auseinandersetzung mit der Kunst während der Pandemie im Homeschooling. „In dieser Zeit ist mir aufgefallen, dass ich jetzt den ganzen Tag zeichnen kann“, erzählt er. Die Kamera blieb dann eben auch mal aus - zum Glück. Eine Kunstlehrerin erkannte schnell das Talent des Stuttgarters und motivierte ihn, mehr daraus zu machen. „Ab diesem Moment war mir klar, dass ich nur noch eines will: Kunst machen.“ Die ersten Aufträge im Freundes- und Bekanntenkreis kamen schnell und wenn man ihm für seine Arbeiten Lob ausspricht, reagiert er mit einem bescheidenen „Danke“, so, als wäre das alles nichts Besonderes.
Mit einem Tattoo andere happy machen
Die Entscheidung, auch Tattoos zu machen, kam während einer Ausstellung im Club Lehmann. Ein professioneller Tätowierer sprach ihn an, nachdem er seine Arbeiten gesehen hatte. „Gönn doch den Leuten!“, sagte der zu ihm, ein Satz, der ihm nicht mehr aus dem Kopf ging. „Warum eigentlich nicht?“, dachte sich da Costa. Kurz darauf besorgte er sich eine Tätowiermaschine und schon ging‘s los. Noch immer trägt er kein eigenes Tattoo, aber mittlerweile hat er viele Wünsche anderer erfüllt. „Wenn Menschen bestimmte Bilder im Kopf haben, setze ich das für sie um“, sagt er. Wie Glück fühle sich das an, besonders wegen der Begegnungen, die dabei entstehen. Eine dieser Begegnungen fand am Hamburger Hafen statt, als er einen Mann mit einem Facetattoo traf. Dieser hatte gerade seine Mutter verloren und war das erste Mal wieder aus dem Haus, die beiden kamen ins Gespräch. „Life Goes On“ habe er ihm tätowiert, erzählt da Costa, und der Mann sei danach richtig happy gewesen.
Von Holzschnitzereien und Stillleben
Obwohl da Costa sich im Tätowieren noch in der Erprobungsphase befindet, wie er sagt, bleibt die Kunst seine wahre Leidenschaft. Neben den Tattoos bietet er regelmäßig Workshops an der Jugendkunstschule Stuttgart an und experimentiere viel mit neuen Ideen. Benötigt man ein Glow-in-the-dark-Bild, oder eine filigrane Holzschnitzerei? Nicolai da Costa ist der Mann, der einem was daherzaubert. Für ein Stillleben wie den Obstkorb benötigt der Stuttgarter schon mal 70 Stunden – das war eine seiner ersten Arbeiten, bei der er sich von den alten Meistern hat inspirieren lassen. „Anfangs hat mich das unglaublich beeindruckt“, sagt er. Auch jetzt noch geht er gerne ins Museum zum Zeichnen. Aus Eichenholz habe er mal für eine Freundin einen Schlüsselanhänger geschnitzt. Das geschehe manchmal wie nebenbei, erzählt er. Und was ist das nächste große Ding? Ein voller Durchbruch als Künstler, das wäre toll. Vermutlich würde auch das ziemlich viele Leute happy machen.