Der Nationalspieler von Bayer Leverkusen gilt als einer der begehrtesten Jungprofis. Vor dem Duell mit seinem möglichen neuen Club FC Bayern an diesem Samstag gibt es wilde Transfer-Spekulationen – und Ratschläge von Ex-Bayer-Manager Reiner Calmund.

Sport: Marco Seliger (sem)

Stuttgart/Leverkusen - Hansi Flicks Lobhudelei klang etwas kompliziert. „Es gibt wenige Trainer, die etwas dagegen hätten, wenn Kai Havertz in ihrer Mannschaft spielen würde. Da würde ich mich anschließen“, sagte der Trainer des FC Bayern also vor dem Bundesliga-Spitzenspiel an diesem Samstag (15.30 Uhr) bei Bayer Leverkusen.

 

Flick hätte auch einfach sagen können: Ja, verdammt nochmal, ich will diesen Havertz! Unbedingt! Und zwar sofort!

Schließlich ist das Interesse der Münchner am 20-jährigen Leverkusener Nationalspieler längst verbrieft – und einer der größten Havertz-Schwärmer ist eben Flick, der den filigranen Offensivmann seit dessen Zeit in der U-17-Nationalmannschaft kennt. Da habe Havertz schon gezeigt, sagte Flick am Freitag, „was für ein toller Fußballer er ist“.

Die Konkurrenz ist groß

Daran hat sich nichts geändert, im Gegenteil. Havertz steht längst auf dem Zettel sämtlicher europäischer Topclubs, und an diesem Samstag spielt er gegen einen seiner möglichen neuen Vereine vor. Er steht gegen die Bayern dann noch mehr im Fokus, als er es in den vergangenen Monaten ohnehin tat.

Kai hier, Havertz da, Kai Havertz überall, das war das Motto. Immer verbunden mit den Fragen, was diesen jungen Typen auf dem Platz so auszeichnet und offenbar unwiderstehlich macht für die Real Madrids und Bayern Münchens dieser Welt – und wo es in Zukunft für Havertz weitergeht.

Die Konkurrenz für den FC Bayern jedenfalls ist groß. Großclubs aus der Premier League sollen ebenso ihre Fühler ausgestreckt haben wie Real Madrid, das Medienberichten zufolge eine Offerte eingereicht und über 80 Millionen Euro Ablöse für den Sommer 2021 geboten hat. Bayer soll abgewunken haben. Der Werksclub ist dem Vernehmen nach angesichts des bis 2022 laufenden Vertrages nicht gewillt, den 20-Jährigen für unter 100 Millionen Euro zu verkaufen.

Klare Meinung von Calmund

Der Millionenpoker ist in vollem Gange. Die von Leverkusen aufgerufenen rund 100 Millionen stellen dabei selbst für den zahlungskräftigen FC Bayern in Corona-Zeiten eine große Hürde dar – finanziell, und womöglich auch moralisch. Zumal ja auch noch Nationalspieler Leroy Sané (Manchester City) nach München kommen soll, und das geht sicher auch nicht für kleines Geld.

Der Mann, der früher bei Bayer Leverkusen für die Transfers zuständig war und heute noch immer bestens vernetzt ist in der Szene, hat zur Zukunft von Havertz eine klare Meinung. Reiner Calmund, langjähriger Bayer-Manager, sagte gegenüber unserer Redaktion, dass er bei einem möglichen Wechsel von Havertz den FC Bayern für die beste Adresse halte: „Dann würden alle Parteien davon profitieren – vielleicht könnten Bayer und Bayern schon jetzt einen Vertrag für die übernächste Saison machen, vielleicht über 90 Millionen Euro“, sagte Calmund weiter: „Kai könnte dann noch ein Jahr in Leverkusen bleiben und dann nach München gehen. Die Lösung hätte natürlich den großen Charme, dass ein deutscher Weltklassespieler der Bundesliga erhalten bleibt.“

Enorme körperliche Präsenz

Für realistischer hält Calmund (71) aber einen Wechsel zu Real Madrid: „Ich denke, dass Kai recht Spanien-affin ist – und wenn man sich die Altersstruktur bei Real im Mittelfeld und im Angriff ansieht, spricht angesichts vieler recht alter Spieler Vieles für die Verpflichtung eines jungen Topmannes.“

Was aber macht diesen Kai Havertz für die europäische Elite so attraktiv? Da muss Calmund nicht lange nachdenken – im Staccato-Takt sprudelt das Lob aus dem Ex-Manager hinaus: „Kai kann Tore machen, Tore vorbereiten und hat eine enorme körperliche Präsenz. Und für seine Größe hat er eine extreme Beweglichkeit, das sieht man selten bei solchen Spielern.“ Havertz, so Calmund weiter, könne rechts wie links schießen, er sei kopfballstark und im offensiven Mittelfeld und im Sturm überall einsetzbar.

Calmund ist ja oft kaum zu bremsen, wenn er ins Reden kommt – bei Havertz ist er schnell in seinem berühmten Calli-Modus: „Ich habe bei Bayer früher Weltklassespieler wie Emerson oder Michael Ballack geholt, und ich muss sagen: Kai Havertz ist mit seinen 20 Jahren klar besser als Emerson und Ballack, er ist absolute Weltklasse“, sagte der Ex-Manager und ergänzte, dass ihm das Geschäftsführer Rudi Völler, der Emerson und Ballack auch erlebt habe in einem recht jungem Alter, genauso gesagt habe.

Bescheidener, bodenständiger Typ

Calmunds Lob für Havertz war nun nicht das erste und sicher nicht das letzte – und all diese Stimmen und verrückten Ablösesummen könnten einem jungen Mann ja ordentlich den Kopf verdrehen. All das könnte Havertz aus der Ruhe bringen. Doch der Mann, der 2010 mit zehn Jahren aus seiner Aachener Heimat nach Leverkusen wechselte, ist ein bescheidener, bodenständiger Typ. Alle Nebengeräusche lässt er bisher wie viele seiner Gegenspieler links liegen. So erzielte Havertz in der Rückrunde neun Tore, als erster Bundesliga-Profi unter 21 Jahren hat er nun insgesamt schon 35 Tore gemacht.

Wenn jetzt gegen die Bayern Treffer Nummer 36 folgt, dürfte der Hype seinen vorläufigen Höhepunkt erreichen.