Das Jurymitglied beim Stuttgarter des Jahres, die Soko-Stuttgart-Darstellerin Astrid M. Fünderich, nutzt ihre Prominenz und hilft anderen.

Aus den Stadtteilen: Kathrin Wesely (kay)

Stuttgart - Die Hitze steht in dem menschenleeren Hof der Dragonerkaserne, Autobleche blitzen in der Sonne, kein Lüftchen, das die Blätter der Linden dort wiegt. Warten. Warten auf Astrid Fünderich, die Filmschauspielerin, die obercoole Kriminalhauptkommissarin aus der „SOKO-Stuttgart“-Serie. Warten auf eine große Limousine mit getönten Scheiben, ein Frauenbein in Pumps, das zuerst entsteigt. Wenn es bloß nicht so heiß wäre.

 

Da biegt sie um die Ecke. Die Wangen etwas gerötet, eine ausführliche Entschuldigung für die 2,5-minütige Verspätung auf den Lippen, steigt Astrid Fünderich vom Rad: „Hallo!“ Es gibt Leute, die noch in bequemer Sommerkleidung super aussehen, denkt man so. Wir schlendern rüber auf einen Kaffee beim Italiener, sie schiebt ihr Rad. Für die Schauspielerin wird es noch ein langer Drehtag. Hier im Römerkastell produziert die Bavaria Fiction GmbH ihre „SOKO-Stuttgart“-Folgen mit Fünderich in der Hauptrolle. In den ehemaligen Pferdeställen befinden sich die Büros und die Kulissen der Serie wie Kommissariat, Klinik, Gerichtsmedizin.

Das erkleckliche Pensum von 140 Drehtagen jährlich bewältigt die Schauspielerin. Blickt man auf die Liste der Institutionen und Organisationen, für die sich Fünderich ehrenamtlich einsetzt, könnte man indessen den Eindruck gewinnen, dass sie eher das Leben eines gelangweilten Privatiers führt: Sie ist Mitglied im Kuratorium der Deutschen Kinderkrebsnachsorge, unterstützt die politischen Netzwerke Campact und Avaaz sowie die Umweltorganisation Atmosfair und sie ist Fördermitglied von Unicef. Seit Kurzem sitzt Fünderich auch im Kuratorium der Olgäle-Stiftung. „Mein Sohn hatte einen Skater-Unfall und ist im Olgäle grandios versorgt worden.“ Als sie zufällig kurz darauf gefragt wurde, ob sie nicht Kuratoriumsmitglied in der Olgäle-Stiftung werden wolle, da gab es überhaupt kein Nein. „Am liebsten würde ich die ganze Welt retten“, sagt Fünderich.

Prominenz ist eine Art Währung

Aber die Zeit setzt ihrem Engagement Grenzen, weil es eben nicht bloß soziale Deko ist, sondern ehrliche Arbeit. „Ich lege auch Hand an, baue einen Info-Stand mit auf oder verkaufe Kuchen.“ Auch für die Unterstützung politischer Netzwerke reichten Lippenbekenntnisse nicht aus. Auch sie erforderten Einsatz: „Ich muss mich fundiert über die Themen informieren, wenn ich nicht irgendeinen Blödsinn posten will.“ Ihre Prominenz spielt bei all dem eine wichtige Rolle. Astrid Fünderich wirkt nicht wie eine Frau, die sich freut, wenn sie schon morgens beim Bäcker Autogrammkarten schreiben soll oder noch in der verschnarchtesten Dorfpizzeria die Leute vom Nachbartisch rüberglotzen. Aber sie weiß, dass Prominenz eine Art Währung ist, ein Tür- und Herzensöffner. Und in freier Abwandlung des grundgesetzlichen Artikels, dass Eigentum verpflichte, bringt Fünderich ihre Prominenz in Anschlag, nutzt sie da, wo sie anderen Menschen helfen kann.

Stuttgart sei dafür ein gutes Pflaster, meint die gebürtige Rheinländerin, die in Düsseldorf aufwuchs, und in Aachen ihr Geologie-Studium schmiss, um Schauspielerin zu werden. In Stuttgart gebe es Geld und die richtige Mentalität: „Hier herrscht vielerorts noch dieses alte Gefühl, dass Wohlstand auch eine Verpflichtung gegenüber der Allgemeinheit bedeutet.“ Glänzende Voraussetzungen für soziales Engagement. Für besonders förderungswürdig hält Fünderich als Jury-Mitglied beim „Stuttgarter des Jahres“, der gemeinsamen Benefiz-Aktion von Stuttgarter Versicherungsgruppe und Stuttgarter Zeitung, den Einsatz Einzelner, wenn die Wirkung streut und von Dauer ist. „Die Nachhaltigkeit des Engagements ist wichtig, beispielsweise dadurch, dass man noch andere Akteure ins Boot holt und so die Sache auf eine breitere Basis stellt.“

Zufällig an ehrenamtliches Engagement geraten

Ob sich jemand für die Umwelt, für Arme, Kranke, für Kinder, für mehr politische Teilhabe oder für Tiere einsetze, spiele keine Rolle dabei. „Thematisch bin ich offen. Ausschlaggebend ist mir der persönliche Aufwand, den jemand betreibt. Wobei man da einschränken muss: Wenn eine Mutter oder ein Vater sich bei ihrem sozialen Engagement völlig aufreibt und dabei die eigenen Kinder vernachlässigt, ist das natürlich ungut.“ Wer anderen helfen will, sollte seine eigenen Grenzen kennen.

Fünderich selbst ist an manche ihrer ehrenamtlichen Engagements eher zufällig geraten – an die Olgäle-Stiftung zum Beispiel. Aber auch die Mitgliedschaft im Kuratorium der Deutschen Kinderkrebsnachsorge – Stiftung für das chronisch kranke Kind in Villingen-Schwenningen ergab sich eher per Zufall: „Der Mann der Geschäftsführerin bei der Deutschen Kinderkrebsnachsorge arbeitete bei uns als Komparse. In einer Drehpause kamen wir darauf zu sprechen. Mich hat das gleich interessiert.“ Auch Fünderichs Engagement für das Kriseninterventionsteam der Johanniter kam am Set zustande. „Ja, unsere Komparsen sind ein illustres Völkchen“, resümiert Fünderich. Das Völkchen trifft am Set offenbar auf ein weiches Herzchen – eine offene Person, die bereit ist, Aufmerksamkeit zu schenken – im doppelten Sinne: Fünderich leiht diesen Leuten nicht nur ihr Ohr. Sie leiht ihnen auch ihre Prominenz, um für die guten Projekte öffentliche Aufmerksamkeit zu gewinnen.

Stuttgarter des Jahres – so funktioniert’s

Der Preis Die Stuttgarter Versicherungsgruppe und die Stuttgarter Zeitung zeichnen ehrenamtlich engagierte Menschen aus. Dazu stiften sie den Preis Stuttgarter des Jahres, der mit insgesamt 30 000 Euro dotiert ist. Gesucht werden zehn Personen, die sich vorbildlich in der Gesellschaft einbringen, charakterstarke Menschen, deren Engagement eine Motivation und ein Ansporn für Dritte sein soll. Die Projekte sollen sich durch Innovation, Nachhaltigkeit und Zukunftsperspektive auszeichnen. Nominiert werden können Einzelpersonen, Schulklassen, Projektgruppen, Verbände, Vereine, Bürgerforen, freie Zusammenschlüsse, Nachbarschaftshilfen, aber keine öffentlichen Institutionen wie zum Beispiel das Rote Kreuz als Ganzes.

Die Jury Fünf weitere Juroren entscheiden neben Astrid M. Fünderich, welche zehn Kandidaten als Stuttgarter des Jahres den Preis in Höhe von jeweils 3000 Euro erhalten: Martin Luding ist Mr. Caveman. In dem Solostück von Rob Becker erzählt er von Männern und Frauen, vom Kampf und vom Krampf . Martin Kluck war Stuttgarter des Jahres 2014. Er bekam den Preis, weil er T-Shirts in Afrika produzieren lässt und mit dem Erlös aus dem Verkauf zwei Grundschulen in Tansania unterstützt. Markus Baur war 2007 mit der deutschen Handball-Nationalmannschaft Weltmeister. Außerdem sitzen der Chefredakteur der Stuttgarter Zeitung, Joachim Dorfs, und Frank Karsten, der Vorstandsvorsitzende der Stuttgarter Versicherungsgruppe, in der Jury.

Die Paten Das Besondere am Stuttgarter des Jahres ist, dass sich die Kandidaten nicht selbst bewerben können, sondern sie müssen von einem Paten vorgeschlagen werden. Wer schon einmal einen Stuttgarter des Jahres vorgeschlagen hat, kann es gern noch einmal probieren. Wenn Sie jemanden kennen, der für Sie ein Stuttgarter des Jahres ist, melden Sie sich bis zum 24. November. Schreiben Sie uns und begründen Sie, warum diese Person den Preis verdient hätte. Vergessen Sie nicht, uns Ihre vollständigen Kontaktdaten zu hinterlassen.

Kontakt Stuttgarter Zeitung, Ralf Gunkel, Plieninger Straße 150, 70567 Stuttgart, Internet: www.stuttgarter-des-jahres. de oder E-Mail an stuttgarter-des-jahres@stz.zgs.de.