Am Sonntag sollen die Koalitionsverhandlungen abgeschlossen sein. Was passiert, wenn die SPD trotzdem gegen eine große Koalition stimmt? In der 100. Folge des „Neo Magazin Royale“ hat sich der Juso-Chef als Gast von Jan Böhmermann an einer Antwort versucht.

Stuttgart - Es gibt eine Frage, die zurzeit viele Menschen im politischen Berlin und überhaupt in der Bundesrepublik umtreibt. Diese Frage beschreibt das Gefühl, dass sich die Parteien im Bundestag seit September 2017 nicht auf eine voll funktionsfähige Regierung einigen konnten. Dass es zwar erfolgreiche Sondierungsgespräche zwischen SPD und Union gab – aber weitere Gespräche vom SPD-Parteitag nur mit einem denkbar knappen Ergebnis abgesegnet wurden.

 

Die Frage lautet: Und dann?

Der Mann, der danach gerade beinahe täglich gefragt wird, ist Kevin Kühnert. Der 28-Jährige ist Chef der SPD-Nachwuchsorganisation – der Jungsozialisten (Jusos). Das macht ihn zumindest in der Öffentlichkeit zum Kopf der #NoGroko-Bewegung – der Kampagne für ein Nein zur dritten großen Koalition in diesem noch jungen Jahrhundert. Kevin Kühnert ist am Donnerstagabend zu Gast in der 100. Folge der ZDF-Sendung „Neo Magazin Royale“ des Staatskrisen auslösenden Gastgebers Jan Böhmermann, der mit der Jubiläumsfolge feierlich aus der Winterpause zurückkehrt.

Das Notfall-Szenario: Neuwahlen

Wie viele der SPD-Mitglieder in der Abstimmung über einen Groko-Koalitionsvertrag „Nein“ sagen werden, weiß niemand – nicht Kevin Kühnert, nicht SPD-Chef Martin Schulz. Die Gefahr, dass die Basis am Ende ablehnt, was ihre Parteiführung über lange Zeit hinweg verhandelt hat, ist aber alles andere als klein. Deshalb fragt auch Jan Böhmermann immer wieder: Und dann? Was passiert denn eigentlich, wenn die SPD-Basis nach Wunsch der Jusos und einiger SPD-Linker gegen eine große Koalition stimmt?

Angesichts der Vehemenz, mit der die Jusos gegen die Groko kämpfen, soll Kühnert nach Ansicht von Böhmermann ein Notfall-Szenario parat haben. Doch eine wirklich zufrieden stellende Antwort gibt es vom Juso-Chef auf die alles entscheidende Frage nicht.

Kevin Kühnerts schlaflose Nächte

Kühnert guckt trotzdem triumphierend in die Kamera und zitiert das Grundgesetz. Demnach müsse es theoretisch irgendwann zu einer Minderheitsregierung unter der Union kommen. Das will die geschäftsführende Kanzlerin Angela Merkel aber nicht.

„Wäre das der Anfang vom Ende von Angela Merkel?“, fragt Böhmermann. Darauf will sich Kühnert nicht einlassen, er schlägt lieber die Beine übereinander und lächelt weiterhin verschmitzt. Und schiebt zum Amüsement des Publikums mit hochgezogenen Augenbrauen hinterher: „Das Schicksal von Angela Merkel beschäftigt mich auch in schlaflosen Nächten relativ wenig.“ Bedeutet so viel wie: Eine Minderheitsregierung ist nicht meine Sorge.

Ganz ernsthaft gesprochen sagt Kühnert dann noch, dass ihm abgesehen von einer Minderheitsregierung auch Neuwahlen keine schlaflosen Nächte bereiten würden – trotz der Tatsache, dass die SPD derzeit in Umfragen bei weniger als 20 Prozent herum krebst.

Natürlich müsste die SPD dann mit einem neuen Programm ran, sagt Kühnert. Und die SPD-Bosse, was passiert mit denen? Die seien auf zwei Jahre gewählt, erklärt er und kritisiert noch die Aussetzung des Familiennachzuges für Flüchtlinge mit vorübergehendem Schutz, der der Bundestag am Donnerstag unter Beteiligung der Groko-Parteien zugestimmt hatte.

Welches Szenario im Falle eines Votums zugunsten von Kevin Kühnert und #NoGroko letztendlich eintritt, bleibt also auch nach der Jubiläumsfolge von „Neo Magazin Royale“ offen, eine Entscheidung wird es aber wohl demnächst geben. Ob Kevin Kühnert dann immer noch verschmitzt lächelt, bleibt abzuwarten.

Was war sonst los bei Böhmermann?

Ein neues Studio, ein neuer Song und viel Sexismus: Mit der 100. Folge haben die Macher der Show „Neo Magazin Royale“ ihr Studio aufgehübscht. Es ist jetzt mehr denn je in einer hölzernen Retro-Hipster-Optik gehalten. Ansonsten hat sich die Sendung nach außen hin kaum verändert.

Außerdem rappt Böhmermann mit seinem Rapper-Ich als „Pol1z1stens0hn“ im neuen Song „Recht kommt (K.O. in KA)“ über die Macht des Rechtsstaates, den die nach Ansicht von Böhmermann spießigen Gangster-Rapper von heute – vor allem Bushido, Haftbefehl und Co. – für sich entdecken. Motto: „Schriftsätze ballern wie Fahrradkette in die Fresse.“ Und: „Recht kommt. Und alle machen mit.“ Als Rap-Unterstützung hat Böhmermann Justizia dabei, die Göttin der Gerechtigkeit. Die singt: „Ich hol‘ dich aus der Scheiße, und schmeiß‘ dich in den Knast.“ Es ist der zweite „Pol1z1stens0hn“-Song seit „Ich hab Polizei“.

Sehen Sie hier: Das aktuelle Video von Jan Böhmermann:

Die meisten Böhmermann-Sprüche muss sich der deutsche Regisseur Dieter Wedel anhören. Der steht unter Verdacht, in den Achtziger- und Neunzigerjahren Frauen an seinen Filmsets misshandelt und teils vergewaltigt zu haben. „Und keiner will etwas gewusst haben“, konstatiert Böhmermann. „Kein Wunder. Dieter Wedel ist ein anerkannter Regisseur und kein Flüchtling.“ Und schließlich meint Böhmermann trocken mit Blick auf die Untätigkeit der beteiligten Filmproduktionsfirmen: „Wir müssen uns zum ersten Mal in der deutschen Geschichte eingestehen: wir haben von nichts gewusst.“