Jussi Adler-Olsens sechstes Buch aus der Reihe um das Sonderdezernat Q und dessen Altfälle widmet sich vordergründig der skandinavischen Esoterikszene. Aber eigentlich geht es um Liebe, Leidenschaft und Tod.

Nachrichtenzentrale : Lukas Jenkner (loj)

Stuttgart - Der sechste Fall des Sonderdezernats Q der Kopenhagener Polizei führt die chaotische Ermittlertruppe um den bärbeißigen Carl Mørck auf die östlich von Dänemark gelegene Insel Bornholm. Dort ist der Polizist Christian Habersaat auf eine Weise ums Leben gekommen, die das Dezernat unmöglich ignorieren kann. Obwohl Mørck, übernächtigt und wie immer mit privaten Problemen beschäftigt, das am liebsten getan hätte. Und als kurz darauf Habersaats Sohn tot in seinem Zimmer liegt, stecken Carl, Rose, Assad und Gordon auch schon mitten in den Ermittlungen in einem Fall, der bereits 17 Jahre zurück liegt.

 

Es geht um den Tod einer lebenslustigen jungen Frau, die im November 1997 frühmorgens auf einer Straße in Bornholm derart massiv von einem Auto gerammt und weggeschleudert worden ist, dass sie später kopfüber und tot an einem Baum hängend aufgefunden wird. Der Bornholmer Polizist Habersaat hat 17 Jahre lang ermittelt, ohne den Fall zu lösen. Das Sonderdezernat Q stellt bald Ungereimtheiten fest. Die Verletzungen der Frau passen nicht zum Unfallgeschehen, etwaige Zeugen können oder wollen sich nach den vielen Jahren nicht mehr richtig erinnern.

Neoreligiöse Heilsversprechen und Sonnenkulte

Die Spuren führen in die skandinavische Esoterikszene. Es geht um neoreligiöse Heilsversprechen und Sonnenkulte, vor allem aber um die Schattenseiten der Sektiererei: emotionale und sexuelle Abhängigkeit, fehlgeleitete Sinnsuche, aber auch um Manipulation und handfesten Betrug.

Das alles schildert Jussi Adler-Olsen mit trocken-lakonischem Humor, dem man anmerkt, dass der Autor seine Ermittlerfiguren auch im sechsten Buch gern hat und ihm deren Schicksal am Herzen liegt. Der Fall an sich hat seine Reize, ist aber insgesamt eher durchschnittlich konstruiert, und die Schilderungen aus dem esoterischen Milieu geraten größtenteils reichlich klischeehaft, das Handeln der dortigen Figuren eingeschlossen, denen mehr charakterliche Tiefe wahrlich gut getan hätte.

Furioses Finale mit reichlich Leichen

Das ist natürlich Jammern auf hohem Niveau. Adler-Olsen gelingt es, bei der Schilderung der polizeilichen Ermittlungsarbeit, den persönlichen Schicksalen der eigenwilligen Ermittler und der nordisch-kühlen und zugleich morbiden Atmosphäre vor allem auf Bornholm und den anderen Orten der Handlung stets den richtigen Ton zu treffen. Wie das Sonderdezernat Q nach und nach die Schichten des 17 Jahre alten Falls freilegt, ist ebenso spannend zu lesen wie das furiose Finale, das mit reichlich Leichen und einer Auflösung aufwartet, die den Leser wohlig gruseln lässt. Die Lehren aus „Verheißung“ lauten wohl: Jeder Mensch hat sein Päckchen zu tragen – meistens ist es vor allem Schwäche, die den einen ins Verbrechen treibt und den anderen eben nicht. Und manchmal sind es Winzigkeiten, die dem Leben eine schicksalhafte Wendung geben. Beunruhigend.

Jussi Adler-Olsen: „Verheißung“. Thriller. Aus dem Dänischen von Hannes Thies. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2015. Fester Einband, 8608 Seiten. 19,90 Euro. Auch als E-Book, 15,99 Euro; als Hörbuch-CD und als Hörbuch-Download, jeweils 12,99 Euro.