Findige Zeitgenossen machen mit einem Trick Kasse. Sie bewerben sich auf Stellen, die sie gar nicht wollen – und klagen danach wegen angeblicher Diskriminierung um Entschädigung. Der EuGH unterstützt deutsche Gerichte im Kampf gegen diese Masche. Völlig beenden lässt sie sich nicht.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Luxemburg - AGG-Hopper lieben es, diskriminiert zu werden. Immer dann, wenn das geschieht, gibt es Geld, viel Geld. AGG-Hopper sind Bewerbungsspezialisten. Sie schicken ihre Unterlagen an Unternehmen, in der Hoffnung, die ausgeschriebene Stelle nicht zu bekommen. Dann fordern sie Entschädigung auf Grundlage des Allgemeine Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), behaupten sie seien wegen Alter, Rasse oder Religion nicht zum Zuge gekommen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am Donnerstag ein Urteil gesprochen, welches diesem Treiben Einhalt gebieten könnte.

 

Im vorliegenden Fall hatte sich ein Münchner Anwalt auf ein Traineeprogramm eines Versicherungskonzerns beworben. Das Programm richtete sich ersichtlich an Berufsanfänger, der Anwalt hatte schon jahrelange Berufserfahrung gesammelt. 14 000 Euro Entschädigung forderte der Mann – und scheiterte.

AGG-Hopper haben zwei große Vorteile

Nach wie vor haben AGG-Hopper zwei große Vorteile auf ihrer Seite. Zum einen müssen sie nicht den vollen Beweis für eine Diskriminierung erbringen, es reicht, wenn sie Indizien benennen. Hinzu kommt eine Spezialität des arbeitsrechtlichen Prozesskostenrechtes. Der Arbeitgeber bleibt auch dann auf seinen eigenen Anwaltskosten sitzen, wenn er den Prozess gewinnt. In der Praxis landen viele Fälle daher gar nicht erst vor Gericht. Eine überschaubare Entschädigung ist für den Arbeitgeber oft günstiger – zumindest wenn man Zeitaufwand und Ärger eines Prozesses in die Kalkulation mit einbezieht.

Eine offensichtliche Scheinbewerbung sei nicht durch die europäische Antidiskriminierungsrichtlinie geschützt, urteilte nun der EuGH. Die Europarichter sind damit im Ergebnis der gleichen Ansicht wie das Bundesarbeitsgericht, das den Fall vorgelegt hatte, um exakt diese europarechtliche Dimension zu prüfen. Nach deutscher Rechtsprechung waren offensichtliche Scheinbewerbungen schon bisher dazu geeignet, um Arbeitgeber von einer Zahlungspflicht zu befreien. An dieser Rechtsprechung können die Arbeitsgerichte nun festhalten – Fragen der Beweisbarkeit bleiben selbstverständlich bestehen.

In München wartet ein Strafverfahren

Mit großem Interesse wird der Urteilsspruch aus Luxemburg auch in München aufgenommen worden sein. Denn auch der dortigen Justiz ist der bewerbungsfreudige Anwalt kein Unbekannter. Bereits im vergangenen Frühjahr hatte die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Betrugs gegen den Mann erhoben, der unter anderem einen Verwandten vertreten haben soll, weil dieser als Bayer diskriminiert wurde. Das Strafgericht wollte zwar zunächst kein Hauptverfahren eröffnen, ist dann auf Beschwerde der Ankläger jedoch im Ergebnis umgeschwenkt. Noch sei das Verfahren nicht terminiert, sagt Gerichtssprecherin Andrea Titz gegenüber unserer Zeitung, es sei jedoch nach wie vor anhängig.