Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow soll sich vor Gericht verantworten, weil er eine Demonstrationen von Neonazis störte. Die Linkspartei spricht von einer "Posse".

Erfurt/Dresden - Die Linke-Bundesvorsitzende Katja Kipping hat das Vorgehen der sächsischen Justiz gegen Thüringens Regierungschef Bodo Ramelow scharf kritisiert. "Die Kriminalisierung friedlicher Anti-Nazi-Proteste ist empörend. Zivilcourage ist kein Verbrechen", sagte sie dem Berliner "Tagesspiegel" und sprach von einer Posse.

 

Das Dresdner Amtsgericht hat die Aufhebung von Ramelows Abgeordneten-Immunität beantragt, um ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz weiterführen zu können. Ramelow selbst sagte, dieser Verfolgungsdrang sei "an Absurdität nicht zu überbieten".

Vorfall aus dem Jahr 2010

Den Angaben der Staatskanzlei zufolge wird Ramelow vorgeworfen, sich am 13. Februar 2010 an Protesten gegen einen Aufmarsch der "Jungen Landsmannschaft Ostpreußen" beteiligt und eine friedliche Blockade der rechtsgerichteten Demonstration initiiert zu haben. Diesen Vorwurf hatte der jetzige Regierungschef stets zurückgewiesen und stattdessen betont, als Vermittler aufgetreten zu sein. Diese Dienste habe die Polizei auch in Anspruch genommen.

Das Amtsgericht hatte das Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz im Frühjahr dieses Jahres eingestellt - ohne dabei auf Ramelows Bedingung einzugehen, dass die Justizkasse die Anwaltskosten übernimmt. Der Linke-Politiker legte Beschwerde ein. Die Entscheidung, das Verfahren einzustellen, wurde daraufhin wieder aufgehoben. "Es geht mir nicht ums Geld, es geht um Gerechtigkeit", hatte Ramelow damals gesagt.

"Der Ministerpräsident hält an seiner Auffassung fest, dass der friedliche Protest gegen Demonstrationen, auf denen rechtsextreme, rassistische und antisemitische Inhalte verbreitet werden, nicht kriminalisiert werden darf", betonte die Thüringer Staatskanzlei am Dienstagabend.

Die sächsische Justiz hat auch friedliche verlaufende Blockaden im Zusammenhang mit den Neonazi-Aufmärschen in Dresden stets als Straftat gewertet und zahlreiche Verfahren eingeleitet. Betroffen waren neben Ramelow noch einige weitere prominente Linke-Politiker.

Ramelow war am vergangenen Freitag zum Thüringer Ministerpräsidenten gewählt worden und ist seitdem der erste Linke-Politiker an der Spitze eines Bundeslandes. Sein Abgeordnetenmandat will er ohnehin abgeben, weil Regierungsmitglieder der Linken nach den Regeln der Partei nicht gleichzeitig Abgeordnete sein dürfen.

Der Zeitpunkt stehe aber noch nicht fest, sagte Ramelow am Dienstag. Am Mittwoch will die Landtagsfraktion aber schon einmal entscheiden, wer Ramelow als Fraktionschef nachfolgt. Zur Wahl steht Landesparteichefin Susanne Hennig-Wellsow.