Gegen den französischen Justizminister ist ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Das bringt auch den Präsidenten in Bedrängnis.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Paris -

 

Eric Dupond-Moretti gilt als schwieriger Zeitgenosse. Schon als Anwalt und Starverteidiger genoss der Mann einen Ruf als juristischer Raufbold, der seine prominenten Mandanten vor Gericht scharfzüngig und mit harten Bandagen vertrat. Aus diesem Grund sorgte die überraschende Berufung des 60-Jährigen vor knapp einem Jahr zum Justizminister für reichlich Aufsehen im Land. Doch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron brauchte in der Regierung ein konservatives Bollwerk gegen die Rechtspopulistin Marine Le Pen, die ihm in den Umfragen damals bedrohlich nahe gerückt war. Eric Dupond-Moretti schien in den Augen Macrons die ideale Besetzung, um die verwaiste rechte politische Flanke abzudecken.

Eine Belastung für die Regierung

Nun ist der umstrittene Justizminister aber zur großen Belastung für die Regierung geworden, denn gegen ihn ist ein formelles Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Dem parteilosen Politiker wird eine Art Rachefeldzug vorgeworfen. Er soll sein Amt genutzt zu haben, um gegen Gegner im Justizapparat vorzugehen. Unter anderem wird er einer Vergeltungsaktion gegen Mitglieder der Pariser Finanz-Staatsanwaltschaft bezichtigt, die Unterlagen von Dupond-Moretti untersucht hatte, als er noch Anwalt war.

Der bekennende Fan von Stierkämpfen war schon immer für seinen rauen Umgangston bekannt und auch gefürchtet – allerdings erreichte er damit auch eine überdurchschnittlich hohe Anzahl von Freisprüchen vor Gericht. Der Jurist kokettiert immer wieder damit, dass er sich aus einfachsten Verhältnissen an die Spitze gekämpft habe. Sein Vater war Metallarbeiter im nordfranzösischen Avesnois und seine Mutter Putzfrau, die ihren Sohn nach dem frühen Tod des Vaters alleine aufzog.

Ein Novum in der Geschichte des Landes

Die Ermittlungen gegen Eric Dupond-Moretti sind ein Novum in der Geschichte Frankreichs. Noch nie ist die Justiz gegen ihren eigenen, noch amtierenden Chef vorgegangen. Die Abberufung des Politikers schien nur eine Frage von Stunden – doch er ist noch immer im Amt. Nachdem Premierminister Jean Castex dem Beschuldigten ausdrücklich das Vertrauen ausgesprochen hatte, meldete sich sogar Präsident Emmanuel Macron zu Wort. Er betonte, dass auch der Justizminister dieselben Rechte habe wie alle Parteien in einem Prozess, nämlich die der Unschuldsvermutung.

Diese Aussagen stoßen bei Beobachtern allerdings auf Unverständnis, legt der Staatschef nach eigener Aussage an seine Regierungsmitglieder doch besonders hohe moralische Maßstäbe an. Ein Minister gegen den ermittelt werde sei kein Vorbild und müsse die Regierung grundsätzlich verlassen, tönte Macron einst, als er im Jahr 2017 ums Präsidentenamt kämpfte. Dieser Satz fiel allerdings damals im Rahmen einer Anklage gegen seinen rechten Rivalen François Fillon. Spötter werfen dem Präsidenten vor, in Sachen Moral offensichtlich mit zweierlei Maß zu messen.

Der Mann gibt sich selbstbewusst

Eric Dupond-Moretti selbst bestreitet die Vorwürfe natürlich. „Der Justizminister steht nicht über dem Gesetz, aber er steht auch nicht darunter“, hatte er vor einer Anhörung vor dem Gerichtshof durchaus selbstbewusst betont. Erstaunlich auch, dass der 60-Jährige die Unabhängigkeit des Gerichtshofes der Republik anzweifelt und von einem „politischen Manöver“ spricht, um ihn vor der Präsidentschaftswahl in neun Monaten aus dem Amt zu drängen. In dieselbe Kerbe schlagen seine Anwälte. Sie erklären, dass von Anfang an festgestanden habe, dass das Verfahren gegen Eric Dupond-Moretti eröffnet wird. Aus diesem Grund werde man diesen Schritt anfechten.

Die französische Antikorruptions-Organisation Anticor betonte dagegen, nun stelle sich die Frage nach dem Verbleib des Ministers in der Regierung. Der offizielle Vorwurf, des „illegalen Interessenkonflikts“ sei sehr schwerwiegend, weil in diesem Fall die persönlichen Interessen des Ministers über die Interessen der Nation gestellt worden seien.

Nicht das einzige Problem

Fraglich ist, wie lange Emmanuel Macron an Dupond-Moretti festhalten kann, sollte die Affäre nicht zu beruhigen sein. Denn der Name des Justizministers taucht nicht nur wegen seine ruppigen Auftretens immer wieder in den Schlagzeilen auf. Jüngst wurde bekannt, dass er Nebeneinkünfte von 300.000 Euro im Jahr 2019 nicht bei der Steuer angegeben hatte. In jenem Fall zeigte sich Eric Dupond-Moretti allerdings als reuiger Sünder und ein Mitarbeiter sprach von einem „Fehler“ des früheren Staranwalts, der aber inzwischen korrigiert worden sei.