Bei manch einem Thema haben die Justizminister bei ihrer Konferenz gerungen, so beim Umgang mit Stalking oder der Gleichstellung homosexueller Partnerschaften. Beim Reformbedarf des BGB mit Blick auf die digitale Welt besteht mehr Einigkeit.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Stuttgart - Wenn die Justizminister der Bundesländer zusammenkommen und über Reformvorhaben in der deutschen Justiz beraten, dann bleibt das Abstimmungsergebnis bei den einzelnen Punkten geheim. Als am Mittwoch die 86. Justizministerkonferenz in Stuttgart zu Ende ging, hat die sachsen-anhaltinische Vertreterin Angela Kolb ungewohnte Einblicke gegeben. „Einstimmig ist es nicht gewesen“ kommentierte Kolb den Beschluss, demzufolge die Justizminister „die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare für angemessen und geboten“ halten. Und auch wenn Gastgeber Rainer Stickelberger von einem „ersprießlichen Zusammenwirken in sachlicher Atmosphäre“ sprach, mit Einigkeit darf das nicht verwechselt werden.

 

Uneinigkeit bei Stalking

Die bayerische Initiative für eine Reform des Stalking-Paragrafen ist bei der Konferenz nicht durchgefallen, dass die Minister die Bedeutung einer strafrechtlichen Regelung „unterstreichen“ und „Handlungsbedarf“ sehen ist aber der kleinstmögliche gemeinsame Nenner. Stalking ist bisher ein sogenanntes Erfolgsdelikt. Es reicht nicht aus, dass der Täter etwas tut, was unter den Begriff der Nachstellung fällt. Strafbar wird die Sache erst, wenn das Opfer nachweist, schwer beeinträchtigt zu sein. Bayern will das ändern, andere fürchten, dass dies zu einer Masse an zu Unrecht Verurteilten führen könnte. „Ich hätte mir in diesem Punkt mehr erwünscht“ erklärte der bayerische Ressortchef Winfried Bausbach.

Mehr Öffnung wagen

Sehr viel größer ist die Zustimmung bei dem Versuch, das bisherige Verbot von Film- und TV-Aufnahmen aus Gerichtssälen zu lockern. Er wolle „keine Liveübertragung von Prozessen im Vorabendprogramm“, sagt Winfried Bausbach. Das bisherige Übertragungsverbot könnte nach dem Willen der Minister aber gelockert werden. Entscheidungsverkündungen oberster Bundesgerichte könnten von Fernsehen und Radio übertragen werden, Tonübertragungen von Verhandlungen in einen Nebenraum zugelassen werden. Beim NSU-Verfahren vor dem Oberlandesgericht München war das schon diskutiert worden, wegen der unklaren Rechtslage aber verworfen worden. Zusätzlich könnten Verfahren von „herausragender geschichtlicher Bedeutung“ audio-visuell dokumentiert werden.

In der nun angeregten Diskussion zu einem Gesetzgebungsverfahren wird auch die Rolle des Internets zu diskutieren sein – und nicht nur da. In Zeiten von Datenclouds und Streamingdiensten sehen die Minister auch beim mehr als 100 Jahre alten Bürgerlichen Gesetzbuch Nachbesserungsbedarf. Zu prüfen sei vor allem, ob eine „digitale Persönlichkeit“ existiert, und auch, ob und wie diese geschützt ist. Ein Regelungsvorschlag wird auch für den Bereich der gesetzlichen Vertretung von Ehegatten ausgearbeitet. Ehegatten und Lebenspartner sollen denselben Bedingungen unterliegen wie ein Vorsorgebevollmächtigter, sagt Stickelberger. Das gelte nicht nur bei ärztlichen Eingriffen, sondern auch bei anderen Rechtsgeschäften im Krankheitsfall.