Willy Nachdenklich zeigt, dass er mehr kann als den Internet-Hype seiner „Vong“-Sprache zu reiten.

S-West - Und plötzlich knallen die Posts hoch in einen höheren Hunderttausender-Bereich! Davon hatte der Mann im Krankenbett nicht einmal zu träumen gewagt, als er schwachbrüstige Internet-Sinnsprüche voller Grammatik- und Rechtschreibfehler aus Langeweile mit einer eigenen Facebook-Seite auf die Schippe nahm. Das Markenzeichen: die „Vong“-Sprache, die „von her“ schlampig artikulierend zusammenzieht und mit redundanter Doppelinformation und anderen Kuriositäten verknüpft: „Man muss immer auf korrekte Rechtschreibung 8ten. Vong Grammatik her.“ Den Flachsinn also mit seinen eigenen Mitteln schlagen. Der Mann hat Witz! Ist „Vong“ aber nicht mehr als einer dieser zigfachen, flüchtigen Netz-Hypes? Schließlich hatte schon Andy Warhol prophezeit, dass bald ein jeder ein Star sein werde: für zehn Minuten.

 

„Man muss immer auf korrekte Rechtschreibung 8ten. Vong Grammatik her.“

Offensichtlich steckt aber mehr dahinter. Parallel hatte Willy Nachdenklich mit einer Fake-Seite ja schon die Lokalpolitik seiner oberpfälzischen Heimatstadt Amberg veräppelt und in Rage gebracht, auch einen Radiosender neugierig gemacht, der ihn mit Kurzgeschichten auf die Bühne holte. Um nicht erkannt zu werden, hatte sich der Mittdreißiger zur Basecap mit einer Faschingsbrille samt Pappnase und Schnauzer drapiert – und die Kunstfigur Willy Nachdenklich war in der Welt! Das hat sich zu einem Buch mit 18 Stories ausgewachsen, mit dem er nun durch die Republik tourt – und das Merlin locker füllte. Man lese nur ein, zwei dieser Kurzgeschichten in korrektem Deutsch, wie sie im Buch jeder Urform folgt – und man sieht, wie präzise diese Geschichten gedacht und formuliert sind, auf der Basis genauer Beobachtung. Dabei entpuppt sich Willy Nachdenklich schnell als ein scharfer Satiriker, der schaufelweise tiefschwarzen Humor parat hat.

Und im Merlin zeigte er nicht nur mit der Urlesung von noch nicht veröffentlichen „4 Blättern von verschiedenen Buchstaben drauf“, dass er sein Pulver noch lange nicht verschossen hat. Durch „Marx und Bein“ geht diese Willy Reblaus-Geschichte, wie permanente Beats prasseln die Pointen, wenn er loslegt mit den Stories aus „ein lustiges Buch vong Humor her“. Virtuos purzeln die absurden Sprachspielereien, türmt sich der Nonsens, steigen die Steigerungsraketen der Übertreibung, und kaum verglüht, rattert schon die nächste Portion Sprachanarchie heran.

Publikum trällert begeistert bei der „Vogelhochzeit“ mit

Denn Willy Nachdenklich ist auch der perfekte Performer seiner Texte. Lässig bis ins Mark, zieht er sein saftiges, derbes, bassgetränktes Ding durch und macht „gute Biene zum mösen Spiel“. Das schlägt auch mal direkt ins Politische um: Bei „1 Putz chellensch sabutiert“ von einem Flüchtling, haut er die Höckelinge raus, dass einem das Lachen im Halse stecken bleibt: „Die han 1 Freibrief vong Merkel und kaufen sich vong den üppige Begrüßungsgeld gleich 1 Chesna oder Boeing.“ Nicht nur harmlos, dieser Blödsinn! Schon macht es „Klackeraklack!“ und „Jems sitzt im der Sexfalle“. Wenn er zum Finale bläst, noch einmal seine beträchtliche assoziative Fantasie schweifen lässt und alle Proportionen sprengt, spart er weder Anmut noch Mühe, um die Deutschland-Hymne „durch die „Vogelhochzeit“ zu ersetzen, wobei die volle Hütte mit lärmendem Vergnügen den Fidiralala-Refräng schmettert. Kurzum: Auch vong Humor her eine prächtige Sache, der Spaß!