Die Anklage wirft dem mutmaßlichen Opfer vor, es täusche die Gedächtnislücken nur vor.

Mannheim - Im Vergewaltigungsprozess gegen Jörg Kachelmann hat nun ein Hirnforscher versucht, Klarheit über Erinnerungslücken des mutmaßlichen Opfers zu schaffen. Unter bestimmten Umständen könnte ein Trauma in Form eines einschneidenden Erlebnisses zu Erinnerungslücken führen, sagte der Bielefelder Professor Hans Markowitsch am Montag vor dem Landgericht Mannheim. Entscheidend seien die Lebensumstände des Patienten.

 

Bei Menschen, die bereits in der Kindheit oder Jugend traumatisiert worden seien, könnten später in ähnlichen Situationen Gedächtnisblockaden auftreten, erläuterte Markowitsch. Die Öffentlichkeit wurde ausgeschlossen, als sich der Hirnforscher zu den Details des Falles äußerte. Kachelmanns 38-jährige Ex-Geliebte beschuldigt den Wettermoderator, sie vergewaltigt zu haben. Sie kann sich aber an entscheidende Details nicht erinnern. Der 52-jährige Schweizer bestreitet die Tat.

Verteidigung bezweifelt Erinnerungslücken

Zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung ist umstritten, ob Erinnerungslücken des mutmaßlichen Opfers auf ein Trauma zurückzuführen sind. Diese These vertritt der Therapeut der Frau; Kachelmanns Verteidiger Johann Schwenn hatte ihn dafür scharf angegriffen. Ein anderer Gutachter hatte im Prozess die Ansicht vertreten, dass sich Opfer von Gewalttaten in der Regel gut an die Tat erinnern könnten.

Laut Markowitsch können sich Menschen allerdings auch Erinnerungen an Ereignisse einreden, die nicht stattgefunden haben. Dies komme insbesondere bei „unreifen Persönlichkeiten“, zum Beispiel bei Kindern, vor, sagte der Experte.

Der erste Verteidiger von Kachelmann, Reinhard Birkenstock, hatte bei Markowitsch ein Gutachten in Auftrag gegeben. Sein Nachfolger Schwenn verzichtete darauf, den Bielefelder Professor zu vernehmen. Darauf hin beantragte die Staatsanwaltschaft, den Experten als Sachverständigen zu befragen.

Verteidiger kritisiert Berichterstattung zu möglicher Kachelmann-Hochzeit

Kachelmann-Anwalt Schwenn kritisierte am 37. Verhandlungstag die Berichterstattung über eine mögliche Heirat seines Mandanten. Spekulationen, Kachelmann wolle sich als „sozial erwünschte Persönlichkeit“ darstellen, wies Schwenn zurück. Der „Bild“-Zeitung zufolge soll Kachelmann eine 25 Jahre alte Psychologiestudentin geheiratet haben.

Der Prozess soll nach einer Pause von rund vier Wochen am 2. Mai fortgesetzt werden. Kachelmann besucht in der nächsten Zeit die Kinder seiner Ex-Frau in Kanada, für die er das Sorgerecht hat.