Das Ludwigsburger Heim für Nachwuchssportler war nie voll belegt. Weil sich die Stadträte über die permanent hohen Defizite ärgerten, stellten sie 2017 ein Ultimatum. Jetzt hat sich das Leitungsteam eine Schrumpfkur verpasst.

Ludwigsburg - Vor ziemlich genau zehn Jahren ist das Ludwigsburger Sportinternat an den Start gegangen. Die Einrichtung gilt als wichtiges Instrument zur Förderung von Nachwuchstalenten – vor allem im Profibasketball. Die ganz großen Hoffnungen aber haben sich nicht erfüllt. Statt der erwarteten 20 oder mehr Bewohner hat sich die Zahl der Jugendlichen, die ganz dort leben, bei zehn bis zwölf eingependelt. Weil das Internat regelmäßig Defizite machte, stellte der Gemeinderat 2017 ein Ultimatum. Jetzt haben die Verantwortlichen reagiert und das Internat verkleinert.

 

Das Manko eines historischen Gebäudes

Ludwigsburg gilt als Sportstadt – nicht nur wegen der MHP-Riesen. Als sich die Möglichkeit für einen Umbau der ehemaligen Königin-Olga-Kaserne bot, haben die Stadt und die städtische Wohnungsbau (WBL) zugeschlagen. Die Räume in nächster Nachbarschaft zum Bildungszentrum West wurden großzügig hergerichtet, und 2009 kamen die ersten Bewohner ins Internat. Aber die Vorgaben durch das historische Gebäude sind nicht optimal: „Ein Vollzeitinternat hätte man so nicht gebaut“, sagt Raphael Dahler, der Leiter des Fachbereichs Sport und Gesundheit. Auch Dahler findet die Räume gelungen, und das komplette Haus sei gut restauriert worden. Ein Problem aber sei zum Beispiel die Größe einzelner Räume.

Ein Stück Familienersatz

Dazu komme, dass viele der Nachwuchssportler in einem Umkreis wohnten, der es ihnen erlaube, täglich vom Wohnort zur Schule und zur jeweiligen Sporthalle zu pendeln, sagt Sandra Fuchs, die pädagogische Leiterin des Internats. Und natürlich muss man sich die Unterkunft an der Kaiserstraße auch leisten können: Ein Einzelzimmer kostet 740 Euro im Monat, der Platz im Doppelzimmer 690 Euro. Im Preis inbegriffen ist auch eine psychologische Betreuung. „Wir sind natürlich ständig ansprechbar. Wir müssen auch ein Stück Familienersatz für unsere Sportler sein“, sagt Fuchs.

In den meisten Fällen müssten die Familien der angehenden Athleten die Kosten jedoch nicht alleine bestreiten, sagt Matthias Knecht, der Vorsitzender des Stadtverbands Sport und Geschäftsführer des Sportinternats ist: „Viele werden von Vereinen und Verbänden unterstützt.“

Gemeinderat legt die Daumenschrauben an

Doch das Geld, das Eltern oder Vereine für die Schützlinge zahlten, reichte nie aus. Auch Sponsoren, die größere Summen ans Internat überweisen, blieben rar. Darum hat der Gemeinderat die Verantwortlichen vor die Wahl gestellt: Entweder wird das Haus geschlossen – oder es bekommt eine neue Struktur. Für den Fall, dass sich das Team für den Wandel entscheidet, wurde sogar mehr Geld in Aussicht gestellt. „Wir haben geliefert“, sagen Dahler und Knecht heute. Das Internat, das die Stadt bis 2017 nur mit höchstens 55 000 Euro unterstützt hat, kann nun mit einem jährlichen Zuschuss von 75 000 Euro rechnen.

Die Bewohner des Internats sind zwischen 14 und 18 Jahre alt und haben bereits bewiesen, dass sie in ihrer Sportart hervorragende Leistungen bringen können. Zurzeit sind das eine Tennisspielerin, ein Leichtathlet sowie ein Mädchen und sieben Jungs, die Basketball spielen – also zehn Personen. 55 Schüler sind dagegen im sogenannten Teilzeitinternat angemeldet. Das heißt, sie werden nachmittags dort betreut, wohnen aber bei den Eltern.

Neue Wohngemeinschaft für die Älteren

Damit das Experiment Sportinternat in dieser Form weitergeführt werden kann, haben sich der Stadtverband Sport, das städtische Sportamt und die Internatsleitung auf einen Schrumpfkurs geeinigt. Dieser beginnt bei der Streichung einer Personalstelle in der Verwaltung und reicht bis zur Schließung von zurzeit überzähligen Einzel- und Doppelzimmern.

Zugleich hat das Leitungsteam versucht, aus der Not eine Tugend zu machen, und sich für ein neues Angebot entschieden: Im zweiten Obergeschoss wurden Räume so umgebaut, dass dort eine Wohngemeinschaft einziehen konnte. Zu ihr zählen neben fünf Sportlern, die bereits älter als 18 Jahre sind, auch zwei Asylbewerber. „Die sind im Jahr 2016 zu uns gekommen, als Unterkünfte für unbegleitete Minderjährige gebraucht wurden“, sagt Fuchs. Früher seien die 18-jährigen Sportler, von denen die meisten Schulen am Bildungszentrum besuchen, nach dem Abitur weitergezogen. Jetzt könnten sie noch länger bleiben – bis sie selbstständiger sind.