Ein altes Industriegebiet wird neu bebaut. Die Firma Kälte-Fischer aus Untertürkheim zieht mit ihrer Hauptverwaltung auf das Rüsch-Gelände in Kernen-Rommelshausen. Die Fabrikantenvilla mit ihren prägnanten architektonischen Elementen wird allerdings abgerissen. Dafür wird die Sicht besser.

Kernen-Rommelshausen - Was der auf dem Rüsch-Gelände geltende Bebauungsplan „Industriegebiet Rappenäcker“ an Bauten zulässt, „ist heute nicht mehr möglich. Das würde jede Maßstäblichkeit in ihrem Ort sprengen“, sagt Erich-Ernst Kuhn, der den Auftrag hat, im Auftrag der Gemeinde Kernen neue Bauvorschriften vorzuschlagen für die bevorstehende Neuansiedlung der Firma Christof Fischer GmbH, auch Kälte-Fischer genannt.

 

Industriegebiet ist an dieser Stelle nicht mehr denkbar

Das 4,1 Hektar große, neu abgegrenzte Areal liegt zwar am Ortsrand von Rommelshausen. Doch auf der anderen Seite der Waiblinger Straße haben sich Menschen ihr Eigenheim gebaut. Das schränkt die Möglichkeiten der Firmen ein. Ein Industriegebiet in dieser Nähe wäre heute nicht mehr denkbar, sagt Kuhn. Daher schlägt er dem Gemeinderat vor, auf einem Randabschnitt, gegenüber den Wohnungen, ein eingeschränktes Gewerbegebiet festzulegen und damit eine geringe, wie er sagt „wohnverträgliche“ Lärmentwicklung, vorzuschreiben. „Der Straßenverkehr in der Waiblinger Straße ist lauter als das, was aus dem Gewerbegebiet herauskommt“, beschreibt Bürgermeister Stefan Altenberger, wie diese Festsetzung wirken soll. Dass auf dem Gelände bisher acht Stockwerke oder 32 Meter hohe Gebäude zulässig waren, „kann man sich heute nicht mehr vorstellen“, sagt Kuhn. Das dort jetzt vorgesehene Bürogebäude, das selbst wieder als Puffer gegen die Lärmentwicklung aus dem Gewerbegebiet im inneren und hinteren Bereich dient, soll nur höchstens 20 Meter hoch werden, die Gebäude dahinter sogar nur 12 Meter.

Verkehrssituation wird verbessert, unter anderem die Zufahrt ans Ortsende verlegt werden

Im Zuge der Neuordnung auf dem privaten Gelände hat sich die Gemeinde Kernen zum Ziel gesetzt, auch die Verkehrssituation zu verbessern. Der Bebauungsplan soll ermöglichen, „zumindest langfristig“, wie Kuhn einschränkend sagt, die Hauptzufahrt ans Ortsende zu legen. Damit soll der Lieferverkehr gleich ganz von Rommelshausen weg auf die alte B14 bei Waiblingen abgedrängt werden.

Wenn die Gemeinde allerdings die Hauptzufahrt verlegen will, muss sie mit zwei Kuriositäten klarkommen. Jenseits des Rüsch-Geländes nach Waiblingen hin, also im eigentlich unbebaubaren Außenbereich, liegt schon seit vielen Jahren ein Wohnhaus. Die Gemeinde Kernen hat das Grundstück erworben und plant, vorerst auch ohne Abriss des Hauses eine Zufahrt und dazu Parkplätze für die Firma zu ermöglichen. An dieser Stelle gehört die Waiblinger Straße aber auf voller Breite bis zum Gehweg nicht mehr zur Gemarkung Kernen, sondern zu Waiblingen. Die Stauferstädter Ratsherren müssten also einem Anschluss zustimmen.

Fußgängerüberweg und Bushaltestelle rücken näher an den S-Bahnhof

Auch für Fußgänger und Busbenutzer, selbst für den Autoverkehr soll der Bebauungsplan am scharfen Knick der Waiblinger Straße für mehr Sicht sorgen. Die Mauer und die leer stehende Fabrikantenvilla der Familie Rüsch, der früheren Eigentümerin der Firma für medizinisch-elastische Elemente, heute Teleflex Medical GmbH, steht dem Bau des neuen Verwaltungsgebäudes der Firma Kälte-Fischer im Weg und wird abgebrochen. Für sie gilt bisher kein Denkmalschutz. Laut dem neuen Eigentümer sollen die prägnanten architektonischen Elemente der Fassade gesichert, eingelagert und in das Gebäude integriert werden.

Der Fußgängerüberweg kann dadurch weiter in Richtung Bahnhof verlegt werden. Die neue Bushaltestelle mit Wartehäuschen rückt ebenfalls auf der Waiblinger Straße näher an den Bahnhof. Es entsteht, wie Erich-Ernst Kuhn sagt, „eine ideale Verknüpfung zum Bus und zur S-Bahn“. Um diese gefahrlos einrichten zu können, muss die etwa zwei Meter hohe Grundstücksmauer zwingend entfernt werden. Die Höhenunterschiede auf dem Gelände erfordern ein neues Mäuerle, das aber bei weitem nicht so hoch werden soll. Ein Grünstreifen zwischen Straße und Gehweg sowie ein Pflanzstreifen auf dem Grundstück sollen helfen, den Blick auf den neuen Fußgängerüberweg zu verbessern.

Planer weist einen ausreichenden Sichtwinkel nach

„Der nötige Sichtwinkel ist nachgewiesen“, betont der Erste Beigeordnete und Bauamtsleiter in Kernen, Horst Schaal, gegenüber den besorgt nachfragenden Gemeinderäten Christoph Schönleber (SPD) und Heinz Heß (UFW). Auch Bürgermeister Stefan Altenberger ist sich sicher, keinen neuen Gefahrenpunkt zu erzeugen, denn die Behörden überwachen, dass der Überweg von weitem sichtbar ist: „Der Zebrastreifen geht nur, wenn der Sichtwinkel vorhanden ist“, sagt Altenberger.