Deutschland, Frankreich und Großbritannien sehen ihr vorsichtiges Bemühen, ihre Atomverhandlungen mit Teheran wieder aufzunehmen, vor dem Hintergrund der aktuellen Gefechte in Gefahr.

US-Soldaten und iranische Kämpfer haben sich in Syrien die heftigsten Gefechte seit Langem geliefert. Mindestens zwölf Menschen starben beim Einschlag von Drohnen, Bomben und Raketen, wie aus US-Angaben und Berichten von Aktivisten vom Freitag hervorging. Die Eskalation könnte den Versuch Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens torpedieren, die Atomverhandlungen mit dem Iran wieder in Gang zu bringen. Diplomaten der drei Länder hatten sich vorige Woche in Oslo heimlich mit dem iranischen Vize-Außenminister und Atom-Unterhändler Ali Bagheri Kani getroffen.

 

Angriffe auf US-Stützpunkte

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin teilte mit, eine Drohne aus iranischer Produktion sei am Donnerstag auf einem Stützpunkt bei Hasakah im Nordosten Syriens explodiert und habe einen US-Ausbilder getötet sowie sechs weitere Amerikaner verletzt. Als Vergeltung bombardierten US-Kampfflugzeuge Stellungen von Milizen, die mit der iranischen Revolutionsgarde verbündet sind. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte erklärte, bei den US-Angriffen seien elf Menschen ums Leben gekommen. Am Freitagmorgen feuerten pro-iranische Milizen in Ost-Syrien eine Rakete auf einen US-Stützpunkt nahe des Ölfeldes Al-Omar ab. Laut der Beobachtungsstelle verfehlte das Geschoss sein Ziel und schlug in einem Wohnhaus ein.

Die US-Armee hat rund 900 Soldaten im Nordosten Syriens stationiert, die zusammen mit der Kurdenmiliz YPG den Islamischen Staat (IS) daran hindern sollen, sich neu zu formieren. Außerdem haben die US-Soldaten den Auftrag, die syrischen Ölfelder im Nordosten des Landes zu bewachen und den Vormarsch pro-iranischer Gruppen zu verhindern. Zudem sind Hunderte Mitglieder privater amerikanischer Sicherheitsfirmen im Osten von Syrien im Einsatz, die als Ausbilder und in der Logistik arbeiten.

Der Iran unterstützt den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad im Krieg gegen Rebellen und hat seine Präsenz in Syrien in den vergangenen Jahren ausgebaut. Die US-Militärs registrierten seit Anfang 2021 fast 80 iranische Angriffe auf US-Stützpunkte in Syrien. US-Sicherheitsberater John Kirby sagte dem Sender CNN nach den jüngsten Gefechten, Washington wolle keinen Konflikt mit dem Iran. Teheran solle sich nicht an Angriffen auf US-Einrichtungen beteiligen. Kirby wollte damit offenbar die Lage beruhigen. Zuletzt hatte die Vereinbarung vom Iran und von Saudi-Arabien, ihre diplomatischen Beziehungen wieder aufzunehmen, Hoffnungen auf eine Entspannung genährt. Auch das europäische Geheimtreffen mit Bagheri Kani diente dem Ziel. Es war das erste hochrangige Treffen dieser Art seit Unterbrechung der Wiener Atomverhandlungen im August.

Vielfache Verstrickungen

Bagheri Kani schrieb auf Twitter, in Oslo sei über viele Themen von allseitigem Interesse gesprochen worden. Er nehme jede Gelegenheit wahr, die iranischen Positionen darzulegen „und vor bestimmten Fehlkalkulationen zu warnen“. Damit spielte er auf die westliche Unterstützung für die iranische Protestbewegung an, die nach Teheraner Darstellung von ausländischen Feinden der Islamischen Republik mit dem Ziel des Regimewechsels gelenkt wird.

Das Auswärtige Amt bestätigte das Treffen in Oslo, betonte aber, es werde „nach wie vor nicht verhandelt“, auch nicht über den Atomvertrag. Die E3, wie Deutschland, Frankreich und Großbritannien bei den Wiener Atomverhandlungen genannt werden, nutzten das Treffen demnach, „um unsere Positionen angesichts der iranischen Eskalation in vielen Bereichen sehr deutlich zu machen“. Der Iran hatte kürzlich Uran bis auf 84 Prozent angereichert, knapp unterhalb der Schwelle für den Bau einer Atombombe. Die E3 dringen auf eine Rückkehr zum Atomvertrag von 2015, der den Bau einer iranischen Atombombe verhindern sollte. Die USA waren 2018 aus dem Abkommen ausgestiegen, wollen es jetzt aber neu beleben. Neue Gespräche darüber begannen vor zwei Jahren in Wien, liegen aber seit August auf Eis.