Im Rahmen des Kultursponsorings reinigt die Firma Kärcher die Gedenkstätte „Zeichen der Erinnerung“ im Stuttgarter Norden.

S-Nord - Blitzblank liegt die Sichtbetonwand am Zugang zur Gedenkstätte „Zeichen der Erinnerung“ in der Sonne. Nick Heyden ist mit seinem Werk zufrieden. Bereits am Mittwoch hat der 27-Jährige die Fläche gesäubert. „Dabei darf man nicht mit roher Gewalt vorgehen“, sagt der Spezialist für restauratorische Reinigungsprojekte bei der Firma Kärcher. „Wir setzen für so etwas heißen Wasserdampf ein. Wenn man mit zu viel Druck draufhaut, raut man die glatte Oberfläche schnell auf und beschädigt das Objekt.“

 

Eine aufwendige Reinigung wäre zu teuer gewesen

Drei Tage lang entfernen Heyden und seine Kollegin an der Otto-Umfrid-Straße Verschmutzung, Flechten und Algen, die sich im Laufe der Jahre angesammelt haben. „Seit Bestehen der Gedenkstätte, die an die rund 2600 zwischen 1941 und 1944 von hier aus deportierten Juden erinnert, das die erste wirklich umfassende Aktion zur Instandhaltung“, sagt Josef Klegraf vom Verein Zeichen der Erinnerung die Arbeiten. „Zwölf Jahre lang waren die Betonflächen sich selbst überlassen.“ Man habe sich darauf beschränkt, die Folgen von Vandalismus zu beheben. Eine aufwendige Grundreinigung habe sich der Verein auch gar nicht leisten können. Umso mehr freut sich Klegraf nun über das Engagement von Kärcher, das im Rahmen des seit 1980 bestehenden Programms zum Kultursponsoring erfolgt. Sowohl lokal und regional als auch weltweit unterstützt der Reinigungstechniker aus Winnenden Instandhaltungs- und Restaurationsmaßnahmen. In Stuttgart war man zuletzt unter anderem daran beteiligt, einer Figurengruppe in der Hospitalkirche zu neuem Glanz zu verhelfen und säuberte die beiden Springbrunnen auf dem Stuttgarter Schlossplatz. Im Vorjahr war Kärcher auch im Züblin-Parkhaus zugange: zur Vorbereitung einer neuen Plakatausstellung wurde es von den Überresten alter Exponate befreit.

„Wir stellen keine Rechnung für diese Dienstleistungen aus“, erzählt Sebastian Wein, Leiter der Unternehmenskommunikation. Die Projekte umfassen weit mehr als die Anfahrt mit dem Heißwasserhochdruckreiniger und den eigentlichen Reinigungsprozess. „Der Vorlauf für die Planung bewegt sich im Schnitt im Bereich von zwei Jahren. So lange braucht man für Organisation, erste praktische Versuche und ähnliches“, so Wein. „Es finden Vorabtermine statt, bei denen geklärt wird, worauf es zu achten gilt. Teilweise werden Testflächen angelegt, damit wir gefahrlos testreinigen können.“ Der Aufwand hänge immer davon ab, wie empfindlich ein Objekt sei, fügt er hinzu. Schließlich wolle man nichts zerstören. In vielen Fällen gehe es darum, die Arbeit von Restauratoren und Konservatoren zu unterstützen.

Die Maßnahmen in der Gedenkstätte sind vergleichsweise überschaubar. Auch weil kein Denkmalschutz besteht, der unter Umständen zusätzliche Auflagen mit sich bringen könnte. Entsprechend rasch ließen sich die Reinigungspläne umsetzen, nachdem 2018 der Kontakt zwischen Verein und Kärcher auf Vermittlung der Stadt hin zustande gekommen war, die auch Wasser und Strom zur Verfügung stellt.

Mit 100 Grad gegen Algen und Schmutz

Ein paar Feinheiten gibt es trotzdem. So werden die Schlieren an der ungeschützt Wind und Wetter ausgesetzten Wand mit den Namen der Deportierten bestehen bleiben. „Sie sind quasi auf den Beton geklebt“, erklärt Nick Heyden. „Wir würden sie mit unseren Geräten wahrscheinlich teilweise ablösen, also lassen wir lieber die Finger davon.“ Stattdessen widmet sich der restauratorische Reinigungsexperte dem Bewuchs, der sich unter der Überdachung des Ausstellungsbereichs breitgemacht hat. Hundert Grad heiß ist das Nass, das auf die dunklen Stellen niedergeht. Das halten die biogenen Betonbesetzer nicht lange aus. Wo Heyden sein Werk verrichtet hat, ist der Untergrund wieder deutlich heller. „Ich bin gerne in diesem speziellen Bereich tätig“, betont der Kärcher-Mitarbeiter, der die Zahl der bereits gesponsorten Kulturprojekte auf 140 beziffert. „Das ist ein ausgesprochen spannender Sektor. Auch weil sich die Technik ständig weiterentwickelt. Mein Kollege im Kultursponsoring und ich sind jedes Jahr auf irgendwelchen Tagungen und Fortbildungen, um Neues zu lernen.“

Mit sichtlicher Freude stellt Klegraf fest, wie gut die Arbeiten vorangegangen sind. „Ich bin wirklich dankbar, dass das zustande gekommen ist“, bemerkt er abschließend. „Die Stadt unterstützt uns zum Glück auch immer wieder, zuletzt etwa, als die Bodenbeleuchtung komplett zerstört war.“ Die Wand mit den Namen der Deportierten wurde, wie der ehemalige Bezirksvorsteher verwundert feststellt auch von den Vandalen noch nie angetastet.