Qaweh ist nicht gleich Kaffee – Mathis Hutfilter und Matthias Gohl setzen mit ihrem Kaffee-Start-up in Nürtingen auf direkt gehandelte Bohnen. Ein Laden soll bald folgen.

Kultur: Kathrin Waldow (kaw)

Nürtingen - Es ist sehr warm und duftet nach Röstaromen in dem Raum im Großbettlinger Industriegebiet, wo sich Mathis Hutfilter und Matthias Gohl mit ihrer Kaffeerösterei eingemietet haben. Beinahe wie in einem Labor sieht es dort aus: Der eineinhalb Kilo fassende Röster ist der Mittelpunkt, darüber ein Dunstabzug. Verbunden ist das Ganze mit einem Rechner, der Parameter wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Gewicht in einem Programm aufzeichnet. „So stellen wir sicher, dass wir unsere Röstergebnisse wiederholen können“, erklärt Gohl.

 

Der 36-Jährige, hauptberuflich ITler, hat sich in schonende Röstverfahren von Kaffee reingefuchst. Seit Anfang des Jahres tüftelt er zusammen mit seinem Freund Mathis Hutfilter in den Abendstunden an Espresso- und Kaffeeröstungen, die seit kurzem im Unverpackt-Laden Glas und Beutel und in dem Bekleidungsgeschäft Tresor in Nürtingen verkauft werden. „Ich habe schon immer gerne was ausprobiert. Schnapsbrennen oder Most ansetzen, das ist mein Ding. Dann kamen wir auf die Idee mit dem Kaffee, auch aus dem Wunsch heraus, sich ein zweites Standbein aufzubauen“, sagt Gohl. Es sei schöner für sich selbst zu arbeiten als für andere, bringt er seine Motivation auf den Punkt. Dabei wollen die jungen Männer nicht nur bekömmlichen und geschmackvollen Kaffee machen, sondern noch viel mehr erreichen: „Wir haben den Eindruck, dass man mit dem richtigen Kaffeekonsum die Welt ein bisschen besser machen kann“, sagt Mathis Hutfilter. Kurzerhand gründeten sie dann ihr kleines Unternehmen Qaweh – eine abgewandelte Ausdrucksweise für qahwa – das arabische Wort für Kaffee. Die Bohnen dafür beziehen sie aus Honduras, Brasilien und Äthiopien über einen Importeur.

„Nürtingen braucht mehr Bars und schöne Läden.“

„Die Bohnen haben teilweise Bio- und Fairtrade-Siegel. Aber nicht alle. Durch den direkten Handel bekommen die Kaffeebauern ein vielfaches mehr an Geld für den Kaffee als auf dem Weltmarkt“, sagt Gohl. Nicht nur eine faire Bezahlung für die Kaffeebauern liegt den jungen Männern am Herzen, sondern auch ihr Heimatort Nürtingen. „Wir wollen der Stadt etwas zurückgeben und deshalb einen kleinen Laden eröffnen“, spoilert er. Nürtingen habe in den letzten Jahren abgebaut. Die zwei Kaffeeröster wollen daran etwas ändern und setzen auf den frischen Wind, der seit Mai mit dem neuen Bürgermeister Johannes Fridrich im Nürtinger Rathaus weht. „Wir hoffen, dass sich in Nürtingen etwas bewegt. Wir brauchen mehr Bars und schöne Läden, damit es in der Stadt wieder attraktiv ist“, findet Gohl.

Kaffeeläden mit eigenen Röstereien in Stuttgart wie das Mókuska im Westen oder Schwarzmahler im Osten sind die Vorbilder für die Gründer von Qaweh. Trends kommen ja bekanntlich immer aus größeren Städten. Auch in Berlin hätten sie interessante Kaffeeläden gesehen. „Da gibt es teilweise total abgefahrene Röstungen und Verfahren, die mit dem Geschmack von Kaffee am Ende wenig zu tun haben“, sagt Hutfilter.

Die Zubereitung ist die halbe Miete

Die beiden Nürtinger sind da eher bodenständig: Bislang bieten sie zwei sortenreine Kaffee- und zwei Espressovarianten an. „Jetzt steht die Produktion im Vordergrund. Wir hinken zeitlich hinterher und rösten nach Bedarf“, sagt Gohl. So soll es natürlich nicht weitergehen. Der Kauf eines deutlich größeren Rösters steht an, damit können sie dann 15 Kilo auf einmal rösten. Und wenn alles nach Plan läuft, folgt im nächsten Jahr die Eröffnung des Ladens in Nürtingen, inklusive Cafébetrieb und Tipps zur richtigen Zubereitung. Die mache bereits 50 Prozent des Geschmacks aus, sagen die beiden. Wo genau sie ihren Laden eröffnen wollen, entscheide sich in den nächsten Wochen.