Die kammerkritische Kaktus-Initiative will klagen. IHK-Präsident Georg Fichtner und Hauptgeschäftsführer Andreas Richter sollen ihre Kompetenzen überschritten haben.

Wirtschaft: Ulrich Schreyer (ey)

Stuttgart - Die kammerkritische Kaktus-Initiative will vor Gericht gegen die Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart vorgehen. Mit Pressemitteilungen gegen Vorwürfe der Kaktus-Initiative wegen der Behandlung der Flüchtlingsfrage in den Kammergremien hätten sowohl IHK-Präsident Georg Fichtner als auch Hauptgeschäftsführer Andreas Richter ihre Kompetenzen überschritten. Vor einer Stellungnahme hätten sie zumindest die Vollversammlung um ihre Zustimmung fragen müssen, sagte Clemens Morlok für die Kaktus-Initiative.

 

Zudem hätte sich Fichtner als Organ der IHK nicht zu einer Streitfrage im Ehrenamt äußern dürfen. Dies gelte sowohl für eine Mitteilung vom 13. November als auch für eine Erklärung der IHK vom 25. September, in der ebenfalls die Behandlung der Flüchtlingsfrage in den Kammergremien thematisiert worden war. Bernd Engelhardt, der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der IHK Stuttgart, wies diese Vorwürfe zurück: „Der Präsident hat immer das Recht, sich zu Vorgängen in der Kammer, die öffentlich gemacht werden, zu äußern,“ sagte Engelhardt. Zudem sei nicht klar, was denn eigentlich der Gegenstand der Klage sei und wer vor welches Gericht ziehe. Zudem komme der Hauptgeschäftsführer der Kammer in der neueren Pressemitteilung der IHK vom November gar nicht vor. Dort werde lediglich der Präsident zitiert. Geäußert hatte sich der Hauptgeschäftsführer dagegen in einer Pressemitteilung der IHK vom 25. September.

Streit um Flüchtlinge

Hintergrund der Auseinandersetzung ist ein Streit um Vollversammlungen, bei denen sich die IHK mit Flüchtlingsfragen hätte beschäftigen sollen. Am 24. September hatte die IHK das Thema auf die Tagesordnung der Vollversammlung gesetzt, um eine Aussprache über das Thema Flüchtlinge zu erreichen. Die Kammerkritiker sind wegen des Streits um ein anderes Thema aus der Sitzung ausgezogen. Dadurch war die Vollversammlung nicht mehr beschlussfähig; das Thema musste vertagt werden. Es sollte dann auf einer Sondersitzung am 12. November behandelt werden.

Dafür hatte es aber nur wenige Anmeldungen gegeben, ein Tatbestand, auf den die IHK hinwies. Dies wiederum kritisierte die Kaktus-Initiative als eine versteckte Aufforderung, nicht an der Sitzung teilzunehmen – was von der IHK zurückgewiesen wird. Auch der Vorwurf, die IHK interessiere sich nicht für Flüchtlingsfragen, sei falsch. Vielmehr gebe es Anfragen von mehreren hundert Unternehmen wegen einer Beschäftigung. Zur einer Äußerung von Fichtner, er sei gespannt, ob auch von der Kaktus-Initiative eine „Eigenleistung zum Thema Flüchtlinge“ komme, meinte Morlok, auch bei der Kaktus-Initiative würden Flüchtlinge beschäftigt.

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts als Grundlage

Als Grundlage ihrer Klage betrachten die Kritiker ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 2010. Dieses hatte eine Erklärung der hessischen Industrie- und Handelskammern als zumindest teilweise unzulässig erklärt. Die Kammerpräsidenten hatten in der „Limburger Erklärung“ einen zügigen Ausbau des Frankfurter Flughafens gefordert. Damit hatten sie ihre Kompetenzen überschritten und nicht die für eine öffentlich-rechtliche Körperschaft notwendige Neutralität und Zurückhaltung walten lassen.

Anmerkung 26.11.2015, 16:24 Uhr: In einer früheren Version des Berichts hatte es geheißen, dass die Kammerkritiker das Thema Flüchtlinge auf die Tagesordnung der Vollversammlung setzen wollten. Tatsächlich hat dies die IHK getan.