Ein Kalenderprojekt der Kunstakademie bringt etwas Ironie in die Diskussion über den Stuttgarter Städtebau – und viel nackte Haut.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Wenn es der Stuttgarter Städtebaudiskussion bisher an einem gemangelt hat, dann an Witz und Ironie. Ein Projekt der Kunstakademie will diese Lücke schließen: „Stuttgart under Construction“ nennt sich ein Wandkalender für das Jahr 2017, der diesen Freitag im Werkstatthaus in der Gerokstraße 7 offiziell vorgestellt wird, Untertitel: „Stuttgarts schönste Baustellen!“

 

Die Kalenderbilder zeigen nackte Künstlerinnen in Stuttgarter Abrissszenen vor einem vom Illustrator Kleon Medugorac gezeichneten, bunten Himmel. Mal muss man die drei nackten Popos suchen, so wie beim Septemberbild mit der Eugen-Bolz-Villa; ein Nacktmodel geriert sich am hellichten Tag unweit des Hauptbahnhofs mit Bauarbeiterhelm als Verkehrspolizistin. Beim Kalender-Titelbild, wo der weithin sichtbare Fernsehturm dem Model zwischen den Schenkeln platziert ist, wurde die Grenze des guten Geschmacks bewusst überschritten.

Wo normalerweise ein Aufschrei zu erwarten wäre, betont die Initiatorin, ihr Projekts sei „neofeministisch“: „Wir zeigen den Körper, wie er ist. Gephotoshoppt wurde nur der Himmel“, betont Justyna Koeke, die in der Medienwerkstatt der Kunstakademie arbeitet. Aus einem Projekt, bei dem Studenten die Stadt kennenlernen sollen, wurde eine als Kalender manifest gewordene Nackt-Performance. Da gehe es um Stadtverschönerung, sagt Koeke – genau wie bei den Baustellen auch. „In Stuttgart heißt Stadtverschönerung eben, Krankenhäuser zu modernisieren oder Gebäude für Shopping, Büros und gehobenes Wohnen abzureißen.“ Darüber könne man sich ärgern, das könne aber genauso gut Gegenstand eines Kunstprojekts werden.

Wurde es jetzt auch. Koeke und ihre Models sowie die beteiligten Fotografen wunderten sich allerdings schon ein bisschen, dass sie sämtliche Baustellen problemlos betreten und dort Nacktfotos schießen konnten. Auf dem eingangs erwähnten Foto von der Bolz-Villa ist neben drei nackten Hinterteilen beispielsweise auch ein Bauarbeiter im Bild. „Das ist schon eine Doppelmoral, dass in dieser Stadt so viele Menschen mit Sicherheit befasst sind und man auf der anderen Seite frei ist, solche Fotos zu machen“, findet Koeke.