Im Bürgerhaus in Stuttgart-Rot gab es eine Meditative Naturerfahrung bei Kalligrafie und und Tuschmalerei. Den Teilnehmerinnen öffnete sich eine fremde Welt.

Rot - Es lag ein Hauch von erstem Schultag in der Luft: Die Roter Lehrerin Dong Zhang und der Bürgerverein hatten am vergangenen Donnerstag zur Meditativen Naturerfahrung bei chinesischer Kalligrafie und Tuschmalerei ins Bürgerhaus eingeladen. Es wurde ebenso erlebnisreich wie entspannend.

 

Wie sich zeigte, hatten viele Teilnehmer bereits Kurse bei Dong Zhang belegt, so zum Beispiel in der Stuttgarter Volkshochschule. Sie legten die „vier Schätze des Studierzimmers“ – Papier, Tusche, Pinsel und Reibstein – zurecht und machten sich sogleich an das Anreiben der Tusche. Für die Anfänger gab es zunächst eine Einführung von der Lehrerin: „Pinsel senkrecht und mit dem Daumen und den ersten beiden Fingern halten; der Ringfinger stützt dabei nur.“

Jedes Zeichen setzt sich aus zwei Teilen zusammen

So vorbereitet ging es daran, die Schriftzeichen der Vorlage nachzuschreiben. Das klingt leichter als es ist. Am ehesten klappte es noch, wenn man die Strichstärke durch den Druck auf den Pinsel veränderte. Prompte Hilfestellung kam von den Muttersprachlerinnen: „Die vier Striche da im Zeichen für ,Leuchten’ bedeuten ,Feuer’“. Jedes Zeichen setze sich überdies aus zwei Teilen zusammen: Einer stehe für den Sinn des Wortes, der andere für dessen Aussprache.

Ganz schön kompliziert für die Abc-Schützen in Sachen chinesischer Kultur, aber gleichzeitig wunderbar entspannend: Kein Telefon, keine Unterbrechungen, nur die Schriftzeichen und man selbst. Die Zeit verging wie im Flug, und schon war Mittag, und es wurden internationale Versucherle ausgetauscht. Danach nahm Dong Zhang die Teilnehmer mit auf einen Spaziergang durch ihren Stadtteil Rot – eine willkommene Gelegenheit zum gegenseitigen Kennenlernen.

Kunst der schönen Schrift

Es zeigte sich, dass auch unter den chinesischen, japanischen und taiwanesischen Teilnehmerinnen die Kunst der schönen Schrift durchaus nicht alltäglich ist. „Ich habe das zuletzt in der Schule gemacht, dann war Schluss“, erzählte eine Frau. Und selbst die Geübten verneinten auf die Frage, ob sie die Kalligrafie gut beherrschten: „Das kann man nie ganz, man wird nur besser mit der Zeit.“

Nachmittags stand die Tuschmalerei auf dem Programm; aber viele blieben lieber bei der Schrift. Wer sich an die Naturmotive wagte, versuchte sich meist an Gräsern oder an Bambus. Die Kunst besteht darin, das Wesen der Natur zu erkennen und mit einigen wenigen, aber gut beobachteten Strichen einzufangen.

Teilnehmerin spielte auf der siebensaitigen Gu-Qin-Zither

Schließlich musizierte eine der Teilnehmerinnen sogar noch auf der siebensaitigen Gu-Qin-Zither. Seltsam schwebend war die Melodie, wie vieles an diesem Tag. Leicht, weil in der Einfachheit eine ganze Welt verborgen liegt. Und schwer, weil die Teilnehmer dazu viel Alltagsballast hinter sich lassen mussten. Besonders für die Neulinge in Sachen chinesischer Kultur hat sich an diesem Tag eine fremde Welt freundlich geöffnet.