Die Kaltluftschneisen in Esslingen müssen erhalten bleiben, fordert nun auch die Deutsche Umwelthilfe. Sie hat inzwischen das Land verklagt, weil die Grenzwerte nicht eingehalten werden.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Esslingen - Einen mächtigen Verbündeten hat die Initiative „Rettet das Greut“ bekommen. Die Deutsche Umwelthilfe mit Sitz in Berlin hat sich in einem Brief an den Esslinger Oberbürgermeister gegen die Bebauung von Kaltluftschneisen gewandt. In dem Schreiben, das bereits am 8. November von Berlin nach Esslingen gesandt wurde und das nun unserer Redaktion vorliegt, schrieb Jürgen Resch, der Geschäftsführer der Umwelthilfe. „Der gesetzlich vorgeschriebene Jahresmittelwert von 40 Milligramm pro Kubikmeter von Stickstoffdioxid wird in Esslingen nunmehr im sechsten Jahr überschritten. Die bisher für das Stadtgebiet Esslingen ergriffenen Maßnahmen sind offenkundig nicht ausreichend, um eine Grenzwertüberschreitung zu verhindern ( . . .). Eine weitere Ausweitung der hohen Besiedlungsdichte in Esslingen, wie es zum Beispiel durch die Bebauung des Gebietes Greut vorgesehen ist, steht damit den Bemühungen der Luftreinhalteplanung entgegen.“ Weiter heißt es: „Nach deutschem wie europäischem Recht sind Sie verpflichtet, Luftqualitätsgrenzwerte zum Schutz der Gesundheit der Bürger einzuhalten.“

 

Stadt lässt sich nicht beeindrucken

Doch die Stadt lässt sich davon nicht beeindrucken. Der Esslinger Oberbürgermeister Jürgen Zieger hat bereits während der jüngsten Klausurtagung des Gemeinderates keinen Zweifel daran gelassen, dass es allein die Aufgabe des Landes sei, Luftreinhaltepläne auszuarbeiten und anzuordnen. Für ihn geht die kaum verhüllte Drohung der Umwelthilfe an der Stadt vorbei in Richtung des Regierungspräsidiums. Dort hat die Umwelthilfe inzwischen eine Klage erhoben, aber eben gegen das Land. „Wir sind in den Verhandlungen nur beigeladen“, bekräftigt der städtische Pressesprecher Roland Karpentier.

Das ist die Gemengelage, in der sich am Montag noch einmal alle vom Flächennutzungsplan betroffenen Bürgerinitiativen, darunter auch die Initiative „Rettet das Greut“ getroffen haben, um ihre Argumente gegen den Plan zu präsentieren. Elf Vereinigungen bilden ein Aktionsbündnis „Lebenswertes Esslingen“. Es will verhindern, dass zu viele Esslinger Grünflächen unter die Baggerschaufeln geraten. Das Aktionsbündnis glaubt, dass die Stadt bis zum Jahr 2030 nur 628 Wohneinheiten im Außenbereich brauche, und keine 2128 wie geplant. Das Aktionsbündnis vermutet, dass Esslingen mit den künftigen Baugebieten zur Großstadt aufsteigen wolle, mit mehr als 100 000 Einwohnern.

Vom Beton kann man nicht abbeißen

Ebenfalls will das Aktionsbündnis nicht hinnehmen, dass der Sportplatz des ehemaligen VFL Post bebaut wird. Denn die Gärtner und Landwirte im Tal fürchten um ihre Flächen, deren Verlust ihnen langsam die Wirtschaftsgrundlage entziehe. Besonders die Obere Wiese in Mettingen, auf der ein Umspannwerk geplant ist, soll weiterhin der landwirtschaftlich genutzt werden, fordern die Gemüsebauern. Für die Bauern ist die regionale Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln wichtig: „Vom Beton kann man nicht abbeißen“, sagen sie.

Auch im Greut will die Bürgerinitiative nicht locker lassen. Jüngst hat sie die Masterarbeit eines Eichstätter Studenten für sich reklamiert, die noch nicht veröffentlicht ist. Darin zeige sich, dass der Kaltluftstrom in die Innenstadt durch die Bauten im Greut gestört werde, berichtet die Initiative. Sie will auch weiterhin in die Diskussion eingreifen, die noch lange dauern wird. Erst im Sommer 2019 soll der Flächennutzungsplan beschlossen werden.