Fahrverbote per Kamera zu überwachen ist der falsche Weg, sagt der Datenschützer Stefan Brink im Interview. Es öffne die Tür zu einem späteren Mißbrauch.
Stuttgart - Fahrverbote per Kamera zu überwachen ist der falsche Weg, sagt der Datenschützer Stefan Brink. Die dabei entstehende Gefahren seien in keinem Verhältnis zu einem möglichen Nutzen.
Herr Brink, die Bundesregierung will Verstöße gegen Diesel-Fahrverbote per Kamera überwachen. Was ist davon zu halten?
Das ist hoch problematisch. Ich sehe da ein ernsthaftes Problem unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit. Umweltschutz ist zwar wichtig, aber wir reden über ein flächendeckendes Überwachungssystem, mit dem letztlich „nur“ Bußgelder in zwei- oder dreistelligem Bereich durchgesetzt werden sollen. Da befinden wir uns auf einer ganz schiefen Ebene. Das öffnet die Tür zu einer durchaus verhängnisvollen Entwicklung.
Die Maut als schlechtes Beispiel
Wie meinen Sie das?
Nehmen Sie die Maut als Beispiel. Beim Mautdatengesetz wurde im Bundestag Stein und Bein geschworen, dass die Mautdaten nur zur Abrechnung für Lkw genutzt werden und nicht zweckentfremdet werden. Das war Bedingung dafür, dass das Gesetz überhaupt durch den Bundestag ging. Kaum hat man das Gesetz in der Hand, wurde man wieder fantasievoll. Der Innenminister sagt jetzt, es ist doch nicht erklärbar, dass man für so etwas Unwichtiges wie Mautdatenabrechnung die Daten verwenden darf, für etwas viel Wichtigeres, wie Verbrechensbekämpfung, aber nicht. Diese Argumentation ist unfair. Wenn man anfangs sagt, dass man keine Zweckentfremdung zulässt, dann muss man sich auch daran halten. Das fordert das Rechtsstaatsprinzip. Der Staat darf nicht links antäuschen und rechts vorbeiziehen.
Mit offenem Visier debattieren
Ähnliches befürchten Sie bei der Fahrverbotsüberwachung?
Ja, das kommt so sicher wie das Amen in der Kirche. Man fängt mit Bußgeldüberwachung an. Wenn man die Daten hat, schaut man mal ob alle Fahrzeuge versichert sind und dem Pflichtversicherungsgesetz genüge getan wird. Der nächste Schritt ist dann jeweils fallbezogen, dass bei Entführungsfällen oder der organisierten Kriminalität Bewegungsmuster erstellt werden. Das stellt dann die gesamte Debatte auf den Kopf. Wir haben anlassbezogen angefangen, und enden in einer anlasslosen Totalüberwachung.
Also müssen wir darüber sprechen?
Ich habe nichts dagegen, dass wir eine politische Debatte über die bevorstehende Totalüberwachung führen. Darüber können wir reden. Aber von Anfang an mit offenem Visier.
Ist das Gesetz zu stoppen?
Aus meiner Sicht sollte man es stoppen. Das kann der Bundestag, auch der Bundesrat. Dafür brauchen wir jetzt aber eine breite öffentliche Debatte.