Das hinreißende Ensemble Faboé springt bei der Kammermusik für den erkrankten Fagottisten ein.

Stuttgart-Degerloch - Der Solist war erkrankt. Aber Oliver Hasenzahl sorgte selbst dafür, dass das keine Katastrophe wurde. Im Gegenteil: „Fagöttliches“ fand trotzdem statt und ereignete sich am Sonntagabend bei der Kammermusik in der Haigstkirche. Er hatte die Professorenkollegen Andreas Vogel und Ulrich Hermann zum Einspringen gebeten. Und in exquisiter Begleitung von Andreas Kersten am Flügel wetteiferten der Oboist Vogel, und der Fagottist Hermann als Ensemble Faboé in bestem Einvernehmen darum, wer bei dem ganz französischen Programm den geschmeidigeren Ton, die größere Phrasierungskunst und den tieferen Ausdruck vorführen konnte.

 

Joseph Bodin de Boismortier, ein Altersgenosse von Bach, gilt ein bisschen als gefälliger barocker Gebrauchskomponist mit Faible für die Traversflöte. Seine Triosonate e-Moll kann man sich auch in anderen Besetzungen vorstellen. Das Ensemble Faboé entfaltete aber in seiner aparten Klangkombination den ganzen eleganten Charme dieser Musik – zärtlich weich selbst noch in den Staccato-Tupfern. Der Oboist Vogel schien das Tänzerische eine Spur springender, der Fagottist Hermann etwas wiegender, schwingender aufzufassen. Und der Generalbass-Pianist neigte sich ausgewogen mal der einen, mal der anderen Akzentuierung zu.

Fulminanter Schlusslauf

Der schon 86-jährige Camille Saint-Saëns fasste 1921 – in seinem letzten Lebensjahr – den Plan, das Repertoire für die nach seiner Ansicht vernachlässigten Holzblasinstrumente noch einmal zu erweitern. Zur Flöte reichte die Lebensspanne nicht mehr, aber Oboe, Klarinette und Fagott wurden noch mit drei kammermusikalischen Juwelen in klassisch dreisätziger Sonatenform bedacht. Zunächst maß Andreas Vogel mit dem Pianisten im Oboenstück wunderbar die Breite von Stilen und Stimmungen, Virtuosität und Vitalität aus, die überhaupt nicht nach Alterswerk klingt.

Der Fagottist Ulrich Hermann spielte sein spätromantisches Saint-Saëns-Paradestück auswendig und schwang mit Körper mit. Sein Pianissimo klang auf dem größeren Instrument sogar noch ein wenig delikater als das beim Oboen-Kollegen. Der fulminante Schlusslauf hinauf durch zwei Oktaven war für sich schon ein Genuss an eleganter Klangkultur. Aber das waren Nuancen im Charakter, nicht in der Klasse.

Francis Poulenc, den ernsthaften Scherzbold der Gruppe „Les Six“, hatten die Faboé-Musiker ans Ende gesetzt. Sein 1926 entstandenes Trio ist ein frühes Werk, das sehr schön die beabsichtigte Abkehr von impressionistischer Überkandidelung des Klangs, aber auch die Weigerung dieser Franzosen zeigt, Musik auf abstrakt verkopfte Strukturen zu verkürzen. Dazu passte nach dem begeisterten Beifall ganz exakt die Zugabe: Astor Piazzollas schwelgerisch melancholisches „Oblivion“.