Die Bundeswehr verstärkt in Litauen seit kurzem die Ostflanke der Nato. Nun machen dort Vergewaltigungsvorwürfe gegen deutsche Soldaten die Runde. Die Anschuldigungen wurden offenbar bewusst gestreut.

Stuttgart - Bundeswehr-Soldaten sind in Litauen Ziel einer Fake-News-Kampagne geworden. Dies bestätigte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Berlin am Donnerstag. Zu Details oder möglichen Urhebern wollte er sich nicht äußern. Zunächst hatte der „Spiegel“ darüber berichtet.

 

Nach Informationen des Nachrichtenmagazins streuten Unbekannte vor einigen Tagen über Emails an Politiker und Medien Gerüchte, dass deutsche Soldaten bei ihrem Einsatz in dem baltischen Land eine Minderjährige in der Stadt Jonava vergewaltigt hätten.

Die Polizei ermittelt wegen bewusst falscher Angaben

Die litauische Regierung stellte klar, dass es einen solchen Vorfall nicht gab. Ein Nato-Diplomat sprach laut „Spiegel“-Bericht von einer erneuten Provokation der Russen, die gegen die temporäre Truppenstationierung an der Ostgrenze des Militärbündnisses gerichtet sei. Die Polizei in Litauen leitete nach dpa-Informationen eine Untersuchung wegen bewusst falscher Angaben ein.

Die Kampagne sei gut organisiert gewesen, berichtete Spiegel Online. Am Dienstag sei eine Mail sowohl beim Parlamentspräsidenten Litauens als auch bei den Medien eingegangen, wonach deutsche Soldaten in Uniform am 9. Februar in der Ortschaft Jonava eine junge Litauerin vergewaltigt hätten. Einige litauische Medien hätten die Nachricht veröffentlicht. Später habe Litauens Regierung den Vorfall dementiert.

Erinnerungen an den Fall Lisa

Die Bundeswehr führt in Litauen ein Nato-Bataillon zur Abschreckung Russlands an. Insgesamt sollen 1000 Soldaten dort stationiert werden, 450 von der Bundeswehr. Anfang Februar war das erste deutsche Truppenkontingent verlegt worden. Der Grund dahinter: Litauen und andere östliche Nato-Mitglieder sind wegen des russischen Vorgehens in der Ukraine besorgt um ihre Sicherheit.

Der Fake-News-Fall erinnert an die angebliche Vergewaltigung einer 13-jährigen Russlanddeutschen aus Berlin Anfang 2016. Die Gerüchte verbreiteten sich rasant im Netz – russische Medien kochten den Fall zudem hoch. Der Vorwurf stellte sich später als erfunden heraus. Doch empörte Russlanddeutsche gingen auf die Straße, der russische Außenminister Sergej Lawrow warf deutschen Behörden Versäumnisse vor.

Warnung vor Propaganda

Das Bundesamt für Verfassungsschutz wirft Russland schon länger vor, in Deutschland Propaganda- und Desinformationskampagnen etwa über staatliche und soziale Medien zu betreiben. Ziel sei eine Verunsicherung der deutschen Gesellschaft sowie die Schwächung und Destabilisierung der Bundesrepublik. Vor der Bundestagswahl im September erwartet der Geheimdienst einen weiteren Anstieg russischer Cyberattacken auf Politiker.

Es sei gerade in diesen Zeiten sehr wichtig, Fakten zu checken, kommentierte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel am Rande eines Treffens der Nato-Verteidigungsminister die Falschmeldung aus Litauen. Es habe bereits mehrere Versuche der Desinformation gegen die Nato gegeben. „Was die Nato tun kann, ist stets wachsam zu sein“, sagte er. Stoltenberg betonte die Bedeutung unabhängiger Medien in diesem Zusammenhang, die Fakten checken und kritisch berichten. „Wir werden auf Propaganda nie mit Propaganda antworten, wir werden auf Propaganda mit Fakten antworten, weil wir der festen Überzeugung sind, dass die Wahrheit langfristig über Propaganda siegen wird.“