Gut zwei Millionen Euro steckt Umweltminister Untersteller in die Kampagne zur Energiewende. Beim Ausgeben lässt er sich von einem früheren Parteifunktionär helfen, der heute Kommunikationsberater ist – natürlich gegen Honorar.
Stuttgart - Für jemanden, der sein Geld mit Kommunikation verdient, kann Nikolaus Huss ziemlich unkommunikativ sein. Nein, knurrt der selbständige Politikberater am Telefon in Berlin, er habe nichts zu sagen, es sei „alles gesagt“. Nachfragen sind zwecklos, der Experte für „Strategieentwicklung in Sachen Kommunikation und Politik“ lässt sich nichts zu seinem Engagement in Baden-Württemberg entlocken. Dabei dürfte er wissen, dass auch Schweigen eine Botschaft vermittelt – nur eben selten eine hilfreiche.
In den Fokus des landespolitischen Interesses ist Huss geraten, seit bekannt wurde, dass er für das Umweltministerium von Franz Untersteller (Grüne) arbeitet. Die oppositionelle CDU ließ das aus mindestens zwei Gründen hellhörig werden. Zum einen war der studierte Pädagoge und Soziologe vor mehr als zwanzig Jahren einmal Landesgeschäftsführer der Südwest-Grünen. Das macht natürlich neugierig, wie er zu den Aufträgen aus dem Hause Untersteller im Gesamtwert von (überschaubaren) 34 000 Euro kam. Grünen Filz wittern die Christdemokraten bekanntlich schnell, wenn Mitglieder oder Freunde der Ökopartei bei Vergaben zum Zuge kommen – davon können auch andere Minister ein Lied singen.
Steuerzahlerbund sieht Geld verschwendet
Zum anderen hat die CDU das Projekt, an dem Huss mitwirkte, schon seit längerem auf dem Kieker. Es geht um die großangelegte Kampagne zur Energiewende, nach den Zielen für den Ausbau der Erneuerbaren und der Reduktion von Treibhausgasen „50-80-90“ getauft. Mit Gesamtkosten von 2,4 Millionen Euro handelt es sich um eine der größten Werbeoffensiven der Landesregierung. Umgesetzt wird sie von einer Agentur, bei der die Schwarzen ebenfalls eine Nähe zu den Grünen wittern: „Ressourcenmangel“ ist ein Partner der Hirschen-Gruppe um die Agentur „Zum Goldenen Hirschen“, die auch die neu ausgerichtete Imagekampagne des Landes betreut.
Offizielles Ziel der Kampagne (Slogan: „Energiewende – machen wir“) ist es, einen „breiten gesellschaftlichen Konsens“ für den radikalen Umbau der Energieversorgung zu fördern. Den gebe es doch bereits, monierte der Bund der Steuerzahler und nahm die Aktion 2013 in sein Schwarzbuch für Verschwendung auf. Auch der CDU will der Millioneneinsatz nicht recht einleuchten – zumal Umfragen ergeben hätten, dass kaum jemand die Kampagne kenne. In inzwischen vier Landtagsanfragen hat der Abgeordnete Paul Nemeth („ein Megaflop“) deren Sinn ergründet.
34 000 Euro als Honorar bezahlt
Stets ließ Untersteller ihm ausführlich erläutern, warum das Geld sehr wohl gut angelegt sei. Der Konsens zur Energiewende müsse „aktiv gepflegt werden“, hieß es da etwa. Deren Umsetzung sei den Bürgern „aktiv und anschaulich“ darzulegen, „mit regionalem/ lokalen Bezug und auch für Laien verständlich“. Gemessen an anderen Offensiven, meint das Umweltressort, sei der Mitteleinsatz sogar eher „bescheiden“. Einen Stopp der Kampagne, den die CDU diese Woche auch bei den Etatberatungen fordern wollte, lehnt es selbstredend ab.
Eher einsilbig beantwortete das Ministerium die Frage nach dem „Politikberater N.H.“: Er sei „in beratender Form in die Vergabeverfahren „eingebunden“ gewesen. Das Honorar in den Jahren 2012 und 2013: einmal gut 11 000 Euro, einmal gut 23 000 Euro, in insgesamt drei Tranchen.
„Parteibuch spielt keine Rolle“
Warum überhaupt ein Vermittler, und warum just Huss? Für Kampagnen dieser Dimension habe man „leider kein Expertenwissen“ im Haus, sagt der Sprecher Unterstellers. Daher habe man einen Profi engagiert, der helfen sollte, „die nicht ganz unerheblichen Mittel optimal einzusetzen“. Ausschreibung, Fortführung, Internetauftritt – dazu habe Huss seine „große Erfahrung in der politischen Kommunikation“ eingebracht. Parteizugehörigkeit oder frühere Funktionen hätten bei seiner Auswahl keine Rolle gespielt, wohl aber „weichere Faktoren“ wie Vertrauen oder Affinität zu den Inhalten.
Huss selbst dürfte es eigentlich nicht wundern, dass die CDU – die weiter nachbohren will – seine Grünen-Vergangenheit thematisiert. „Das Geschäftliche ist politisch. Und das Politische tangiert das Geschäft“, schreibt er auf seiner Homepage leicht verrätselt. „Darüber schwebt der Zeitgeist mit einer fast unethisch hohen Erwartungshaltung.“