Der Chef des Tübinger Biotech-Unternehmens Curevac spricht sich dafür aus, im Kampf gegen Corona die Patente nicht verfallen zu lassen, aber sie kurzfristig auszusetzen. So kann die Forschung schneller arbeiten.

Stuttgart - Franz-Werner Haas, der Vorstandschef des Tübinger Biotech-Unternehmens Curevac, fordert eine enge internationale Zusammenarbeit, um die Weiterentwicklung eines Corona-Impfstoffs zu fördern. Neben dem Teilen von Studiendaten zur Wirksamkeit vorhandener Impfstoffe zählt er dazu auch die Aussetzung von Patenten, sagte er unserer Zeitung. Die Patente sollten zwar grundsätzlich erteilt, in der Pandemiephase aber ausgesetzt werden. Er folgt damit einer Empfehlung der Welthandelsorganisation (WTO). „Wir brauchen einander“, sagt auch Curevac-Gründer Ingmar Hoerr zur Bekämpfung der Pandemie. „Das Brett, das wir bohren, ist einfach zu dick.“

 

Curevac ist nach Biontech das zweite deutsche Unternehmen, das einen Covid-19-Impfstoff auf den Markt bringt. Die entscheidende Testphase hat in dieser Woche begonnen. Haas erwartet erste Ergebnisse im ersten Quartal 2021. Auf dieser Basis rechnet er mit einer vorläufigen Zulassung und dem Beginn der Impfung mit dem Curevac-Impfstoff im zweiten Quartal 2021.

Das Vakzin käme damit später als die Produkte einiger Wettbewerber auf den Markt, mit denen nach den neuesten Planungen noch vor Weihnachten die ersten Deutschen geimpft werden sollen. Haas begründet den zeitlichen Verzug damit, viel Zeit in eine bessere Lagerfähigkeit des eigenen Impfstoffs investiert zu haben. Der Curevac-Impfstoff kann bei Kühlschranktemperatur drei Monate gelagert werden. Hingegen muss etwa das Vakzin von Biontech bei minus 70 Grad gelagert werden, was die Impflogistik verkompliziert. Zur nachhaltigen Bekämpfung der Pandemie müsse weltweit intensiv geimpft werden, fordert Hoerr.

Schutzbedürftige Gruppen könnten laut Haas bis Sommer geimpft sein

In Deutschland können nach Einschätzung von Haas bis zum Sommer besondere schutzbedürftige Gruppen geimpft sein. Bis Ende 2021 sollten auch all diejenigen geimpft werden können, für die noch spezifische Studien durchgeführt werden müssen, wie etwa Kinder oder Menschen mit Vorerkrankungen.

Bei den Corona-Impfungen haben Personen, die älter als 80 Jahre alt sind, sowie Menschen, die in Alten- und Pflegeheimen leben oder arbeiten „höchste Priorität“. So steht es im Referentenentwurf der „Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus Sars-CoV-2“ von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Der Minister hat angekündigt, die Verordnung an diesem Freitag unterzeichnen zu wollen.

In die Gruppe mit „höchster Priorität“ fallen auch Personen, die von ambulanten Pflegediensten betreut werden oder die dort tätig sind. Die Impfung findet in den Zentren statt, deren Standorte die Länder festlegen. Im Land gibt es 59 Impfzentren. Seit dem 15. Dezember sind sogenannte Zentrale Zentren eingerichtet worden.