Die Versorgung mit Haus- und Fachärzten in Baden-Württemberg soll sich verbessern. Doch die Kassenärztliche Vereinigung glaubt nicht an eine schnelle Überwindung des Ärztemangels auf dem Land. Die Attraktivität lasse sich nicht mit Geld allein verbessern.

Stuttgart - Die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg dämpft die Hoffnung, den Ärztemangel vor allem im ländlichen Raum rasch überwinden zu können. Am Donnerstag hatte der Gemeinsame Bundesausschuss, das höchste Gremium der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen, eine überarbeitete Bedarfsplanung vorgelegt. Sie ermöglicht die Ausweisung von vielen neuen Arztsitzen im Südwesten. So sieht die neue Richtlinie unter anderem 57 zusätzliche Arztsitze für Kinder- und Jugendärzte, 63 für Nervenärzte und 171 für Psychotherapeuten vor. Er sehe aufgrund der neuen Bedarfsplanung „überhaupt keinen Grund zur Euphorie“, sagte Johannes Fechner, der stellvertretende Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg unserer Zeitung.

 

Selbst Kliniken können freie Arztstellen oft nicht besetzen

Er sei „weiter skeptisch“, ob es gelinge, mit der gewünschten Geschwindigkeit freie Arztsitze auch tatsächlich zu besetzen. Schon heute fehlen allein über 500 Hausärzte im Land. „Die Schwierigkeiten werden weiterhin bestehen bleiben“, sagt Fechner. Die Kassenärztliche Vereinigung sei „keine Backstube für Ärzte“. Nach wie vor arbeiteten die lieber in den Städten als in ländlichen Regionen. Bei Kinderärzten sei es selbst für Kliniken nicht leicht, freie Stellen neu zu besetzen. Deshalb könne er „Regionen, wo es seit längerem Engpässe gibt, wie zum Beispiel dem Rems-Murr-Kreis, nicht versprechen, dass nun alles schnell besser wird“.

Zuschüsse von bis zu 80 000 Euro

Fechner weist darauf hin, dass die Kassenärztliche Vereinigung viel dafür tue, um jungen Ärzten eine Niederlassung schmackhaft zu machen. So gewähre ein spezielles Förderprogramm Investitionskosten-Zuschüsse von bis zu 80 000 Euro bei Neugründung oder Übernahme einer Praxis, bei einer Nebenbetriebsstätte immerhin noch 40 000 Euro. Dazu könnten bei Hausärzten durch ein Förderprogramm des Landes noch bis zu 30 000 Euro hinzu kommen.

Der Beruf muss attraktiver werden

Nach Angaben des Landesgesundheitsministeriums hat das Haus seit 2012 über 2,5 Millionen Euro Fördermittel zur Verbesserung oder Erhaltung der ärztlichen Versorgung ausgegeben. Unterstützt wurden dabei Praxisübernahmen, Neueinrichtungen von Hausarztpraxen und Anstellungen von Ärzten. Über 130 Haus-, Kinder- und Jugendärzte bekamen seitdem bis zu 30 000 Euro, wenn sie sich in einer ländlichen und förderfähigen Gemeinde niedergelassen haben. Das Programm wird zunehmend angenommen. Nach Angaben des Ministeriums wurden allein von Januar bis Ende April dieses Jahres rund 20 neue Förderanträge in einem Gesamtwert von 325 000 Euro bewilligt.

Aber Geld ist nicht der allein ausschlaggebende Faktor, meint Johannes Fechner. „Wir müssen den Beruf attraktiv machen“, sagt er. „Etwa durch einen radikalen Bürokratie-Abbau für die Ärzte.“