Im Kampf gegen den Ärztemangel wird jetzt mobil gemacht. Neue Sitze für Kinder- und Nervenärzte als auch Psychotherapeuten sind im Land vorgesehen. Aber: Bei letzteren regt sich Unmut.

Berlin - Die Versorgung mit Haus- und Fachärzten wird sich in Baden-Württemberg verbessern. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA), das höchste Organ der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen, hat am Donnerstag mit der Verabschiedung einer neuen Bedarfsplanung dafür die Weichen gestellt. Die Bedarfsplanungsrichtlinie ist die Grundlage für die Festlegung der Anzahl der Arztsitze in einer Region.

 

Nach Informationen unserer Zeitung ermöglicht die neue Richtlinie die Ausweisung von zusätzlichen 57 Sitzen für Kinder- und Jugendärzte, 63 für Nervenärzte und 171 für Psychotherapeuten in Baden-Württemberg. Darüber hinaus wird auch die Zahl von Hausarzt-Sitzen ausgeweitet, was sich aber nicht unmittelbar in einer besseren Versorgung niederschlagen wird, da bereits heute viele Hausarztsitze im ländlichen Raum unbesetzt sind.

Die Änderungen treten am 30. Juni in Kraft

Bundesweit entstehen 3470 neue Niederlassungsmöglichkeiten. Davon entfallen 1146 auf Hausärzte, 776 auf Psychotherapeuten, 476 auf Nervenärzte und 401 auf Kinder- und Jugendärzte. Die Änderungen treten zum 30. Juni in Kraft. Danach haben die Landesausschüsse des GBA sechs Monate Zeit, um die Beschlüsse umzusetzen und auf die regionalen Bedürfnisse anzupassen. 2020 könnten sich die Verbesserungen für die Patienten auswirken. Da die Richtlinie stärker als bisher Kriterien wie Altersstruktur, Krankheitslast und schnelle Erreichbarkeit berücksichtigt, dürften vor allem ländliche Räume von den Niederlassungsmöglichkeiten profitieren. Einen Automatismus gibt es dabei nicht: Die neue Richtlinie macht zusätzliche Niederlassungen möglich. Das heißt noch nicht, dass sich auch genügend Ärzte für die Niederlassung entscheiden.

Josef Hecken, der Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses, wies am Donnerstag bei der Vorstellung der Richtlinie darauf hin, dass es künftig auf Landesebene zusätzliche Instrumente gebe, um die Verteilung von Vertragsärzten bedarfsorientierter zu steuern. So könnten in der Planung Regionen unterteilt werden, um „eine Ballung der Arztsitze in der Kreisstadt zu verhindern“. Die Landesministerien hätten zudem die Möglichkeit, Zulassungssperren aufzuheben. Hecken bezeichnete Baden-Württemberg als „einen der Profiteure der Richtlinie“.

Psychotherapeuten sind unzufrieden

Die Bundeskammer der Psychotherapeuten ist mit der Steigerung der Arztsitze für ihren Fachbereich unzufrieden. „Psychisch kranke Patienten werden in vielen Regionen auch in Zukunft unzumutbar lange auf einen Psychotherapieplatz warten müssen“, sagte Dietrich Munz, Präsident der Psychotherapeutenkammer. Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) sagte unserer Zeitung, er freue sich „über jede neue Niederlassungsmöglichkeit für Ärzte in Baden-Württemberg“. Man werde die Richtlinie nun bedarfsgerecht und so schnell wie möglich umsetzen.