Im Kampf gegen den Klimawandel arbeitet Brüssel an einer Neufassung der Gebäuderichtlinie. Gegen eine Sanierungspflicht regt sich allerdings massiver Widerstand.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

In Deutschland wird im Moment viel über Gas- und Ölheizungen gefachsimpelt. Seit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) deren Einbau zum Wohle des Umweltschutzes verbieten will, ist die Aufregung unter Haus- und Wohnungsbesitzern groß. Nun droht weiteres Ungemach aus Brüssel. Die Europäische Union arbeitet an einer neuen Gebäuderichtlinie, um den Energieverbrauch weiter zu senken und auf diese Weise die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern. Der Gebäudesektor ist für etwa 40 Prozent des gesamten Treibhausgasausstoßes und 36 Prozent des Energieverbrauchs der EU verantwortlich.

 

Eine einheitliche Effizienzklasse für Gebäude

Als ersten Schritt, so der Plan der EU-Kommission vom Dezember, sollen die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet werden, einheitliche Effizienzklassen für Gebäude einzuführen. Ziel ist es, dass bis 2030 alle Wohngebäude der EU den Effizienzgrad F, auf einer Skala von A bis H, erreichen. Häuser mit einem Effizienzgrad von A sind faktisch Passivhäuser. Auf einer Informationsseite im Internet trommelt die EU-Kommission für ihr Projekt. Dort heißt es: „Energetische Renovierungen zahlen sich im Laufe der Zeit von selbst aus, da die Energierechnungen niedriger ausfallen und die dadurch erzielten Einsparungen in der Regel die für die Verbesserung der Gesamteffizienz eines Gebäudes erforderlichen Investitionen um ein Vielfaches übertreffen.“

Über den Vorschlag der EU-Kommission soll nun in dieser Woche im Europaparlament abgestimmt werden. Doch dort gehen die Meinungen weit auseinander. Der Grünen-Politiker Ciarán Cuffe, Berichterstatter des EU-Parlamentes bei diesem Thema und damit eine maßgebliche Stimme, will die Vorgaben der Kommission noch verschärfen. So soll bis 2030 mindestens die Effizienzklasse E und bis 2033 die Effizienzklasse D erreicht werden müssen. Schätzungen zufolge wären damit in Deutschland über sechs Millionen Gebäude betroffen. Der Ire betont, dass die Sanierungen nicht nur gut für das Klima sind und Europa unabhängiger von Energielieferungen aus Russland machen. „Das ist eine Wachstumsstrategie für Europa, die Hunderttausende qualifizierter Jobs schaffen und das Leben der Menschen verbessern wird,“ betont Politiker Cuffe.

Kampf gegen den Klimawandel

Den CDU-Europaabgeordneten Dennis Radtke bringen solche Aussagen auf die Palme. „Wir können den Kampf gegen den Klimawandel nicht auf Omas Häuschen abwälzen“, poltert der sozialpolitische Sprecher der konservativen EVP-Fraktion im Parlament. Er betont, dass auch er die Klimaziele rasch umsetzen möchte, es müsse aber die Frage gestellt werden, wer die geplanten Sanierungen am Ende tatsächlich bezahlen soll. „Bauen und Wohnen ist an vielen Stellen in Deutschland unbezahlbar geworden“, erklärt der Nordrhein-Westfale. Auch weist Dennis Radtke darauf hin, dass angesichts des Fachkräftemangels die Renovierungsziele utopisch seien.

Kritik kommt auch aus ärmeren EU-Staaten wie Italien und Polen, wo es einen großen Sanierungsbedarf an Häusern gibt. Beide Regierungen betonten, die Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel zu unterstützen, versuchen aber, die Vorgaben abzuschwächen. Polen möchte, dass Sanierungsmaßnahmen für schlecht abschneidende Gebäude nicht verpflichtend sein dürften.

Was gehört zu einer energetischen Sanierung?

Bedarf
Den Energiebedarf einer Immobilie lässt sich durch verschiedene Maßnahmen senken. Dazu gehört die Dämmung der Außenwände oder des Daches, aber auch der Austausch undichter Fenster und Außentüren. Wichtig ist, die Heizungsanlage auf dem modernsten Stand zu halten.

Kosten
Die Wärmedämmung der Außenfassade und des Daches können die Energiekosten um bis zu 40 Prozent senken. Ein niedriger Energieverbrauch ist auch gut für den Klimaschutz, verbessert die Wohnqualität und der Wert der Immobilie wird deutlich gesteigert.

Pflicht
Seit 1. November 2020 gilt das Gebäudeenergiegesetz. Käufer einer Bestandsimmobilie sind zur energetischen Sanierung verpflichtet, insbesondere bei Ein- und Zweifamilienhäusern, die vor dem 1. Februar 2002 gebaut wurden.