Von 26 Millionen Tonnen jährlich anfallendem Plastikmüll in der EU werden bislang pro Jahr nur rund vier Millionen Tonnen wiederverwertet. Bis 2025 sollen es nach den Vorstellungen von EU-Kommissar Karmenu Vella mindestens zehn Millionen Tonnen sein.

Korrespondenten: Markus Grabitz (mgr)

Brüssel - Der EU-Umweltkommissar Karmenu Vella verlangt von der europäischen Kunststoff-Industrie, dass sie mehr gegen den Plastikmüll tut. Die Branche, die 2015 rund 340 Milliarden Euro Umsatz gemacht hat und 1,5 Millionen Beschäftigte hatte, soll bis Ende des Monats Vorschläge vorlegen, wie mehr Plastikabfälle recycelt werden können. Derzeit werden in der EU knapp 60 Millionen Tonnen Kunststoff jährlich produziert, 26 Millionen Tonnen werden jedes Jahr weggeworfen. Aber nur etwa vier Millionen Tonnen werden recycelt. Die Kommission will im Rahmen ihrer Plastikstrategie erreichen, dass bis 2025 etwa zehn Millionen Tonnen jedes Jahr recycelt werden.

 

Plastik besteht zu hohem Prozentsatz aus Rohöl

Plastik ist nicht nur ein Problem, wenn es unkontrolliert in die Natur oder ins Meer gelangt. Kunststoffe, die zu einem hohen Prozentsatz aus Rohöl bestehen, sind auch eine wertvolle Ressource: Jedes Jahr kostet die Entsorgung von Plastikmaterial, das nach einer sehr kurzen Verwendung im Müll landet, in der EU bis zu 150 Milliarden Euro. Auch hier gibt es also einen Schatz zu heben.

Bei der Plastik-Entsorgung gibt es ein massives Nord-Süd-Gefälle. In neun Ländern, darunter Deutschland, Österreich, Schweiz und die skandinavischen Staaten, gibt es seit Jahren ein Deponieverbot für Hausmüll. In diesen Ländern wird nahezu der gesamte Plastikabfall von Verbrauchern in irgendeiner Weise genutzt. Das heißt: Die Kunststoffabfälle werden entweder recycelt oder in der Müllverbrennungsanlage verheizt. Wenn die Müllverbrennungsanlage zur Energiegewinnung genutzt wird, gilt das Verbrennen als zweitbeste Lösung der Plastikentsorgung. Da Plastik einen hohen Rohölanteil hat, wird der Rohstoff dann immerhin als Brennstoff genutzt.

Kunststoffmüll landet oft in der Umwelt

In vielen südeuropäischen Ländern dagegen landet der Plastikmüll häufig in der Umwelt. In Malta, Zypern, Griechenland, Kroatien oder Bulgarien werden weniger als 30 Prozent der Verbraucher-Plastikabfälle recycelt oder in der Müllverbrennungsanlage verheizt. In diesen Ländern gibt es vielfach kein Deponieverbot. Die Umsetzung der Abfallstrategie ist keine EU-Kompetenz, sondern liegt in den Händen der Mitgliedsstaaten. Gerade in Südeuropa ist offenbar vielfach Praxis, dass die Kommunen zwar für die Abholung der Abfälle sorgen, es aber an der fachgerechten Entsorgung hapert. Die Verbraucher werden zwar zur Kasse gebeten. Die Abfälle landen dennoch häufig auf wilden Deponien oder werden ins Meer gekippt – daran verdinen skrupellose Geschäftsleute.

In Deutschland werden fast 40 Prozent der Plastikabfälle recycelt

Im Jahr 2016 wurden in Deutschland 38,6 Prozent der Plastikabfälle aus privaten Haushalten recycelt. Damit ist die Recyclingquote hierzulande deutlich höher als im EU-Schnitt. Spitzenreiter beim Plastik-Recycling sind Norwegen (43,1 Prozent) und Schweden (40,6). In Deutschland wurden 60,6 Prozent der Plastikabfälle in Müllverbrennungsanlagen entsorgt, also wenigstens zur Energiegewinnung eingesetzt. Beim Verpackungsmüll aus Plastik erzielt Deutschland europaweit nach Tschechien mit 48,7 Prozent die zweithöchste Quote. Beim Recycling können Kunststoffverpackungen wie Pet-Flaschen mechanisch geschreddert und zu neuen Plastikprodukten wie Tragetaschen oder Kleidungsstücke weiter verarbeitet werden. Das Plastik-Recycling hat auch Nachteile. Selbst wenn die Verbraucher konsequent Plastikmüll trennen, ist das Recyceln schwierig. Dunkle Lebensmittelbehälter etwa werden von den Scanner-Maschinen in den Müllsortierungsanlagen nicht erfasst.

Weitgehende Vorschläge von der Industrie erwartet

Es wird damit gerechnet, dass die Kunststoffindustrie der Kommission in Kürze weitgehende Vorschläge zur Reduzierung der Plastikmüllberge unterbreiten wird. Es geht auch darum, einer möglichen EU-Regulierung zuvorzukommen. Bei den Maßnahmen, die die Branche vorschlagen wird, geht es dem Vernehmen nach auch um chemische Recycling-Verfahren. Dabei wird Kunststoff in seine einzelnen chemischen Bestandteile zersetzt. Diese können in Chemiewerken dann wieder in die Produktionsprozesse eingespeist werden.