Auftrag der Europäischen Zentralbank (EZB) ist, für Geldwertstabilität zu sorgen. Da die Geldentwertung im Euro-Raum über dem angepeilten Wert von zwei Prozent im Jahr liegt, muss die Notenbank und an der Zinsschraube drehen.

Korrespondenten: Markus Grabitz (mgr)

Die Federal Reserve, die US-amerikanische Notenbank, ist voran gegangen, jetzt ist die Europäische Zentralbank (EZB) am Zug: Sie muss die Zinsen erhöhen, um die Entwertung der Gemeinschaftswährung Euro zu bekämpfen. Alleiniger Auftrag der EZB ist nämlich, für Geldwertstabilität im gemeinsamen Währungsraum zu sorgen.

 

Um die Geldwertstabilität ist es schlecht bestellt. Die Inflation in der Euro-Zone ist auf Werte von über sechs Prozent gestiegen. Damit verfehlt die EZB die Zielmarke von zwei Prozent im Jahr deutlich.

Kredite werden teurer

Spätestens im Sommer dürfte die EZB also den Zinsschritt machen und die Leitzinsen erhöhen. Die Leitzinsen zu erhöhen bedeutet, dass Geschäftsbanken für Gelder, die sie bei der Notenbank parken, höhere Zinsen bekommen. Höhere Zinsen geben die Geschäftsbanken, bei denen Verbraucher und Unternehmen ihre Guthabenkonten sowie Kreditverträge haben, unmittelbar an die Kunden weiter. Bei steigenden Leitzinsen zahlen sie also höhere Zinsen für Guthaben.

Wichtiger für die Bekämpfung der Inflation ist aber, dass Banken bei steigenden Zinsen auch mehr verlangen für Kredite. Darlehen werden also teurer. Man sagt daher auch, dass bei steigenden Leitzinsen „das Geld teurer“ wird. Konsumenten, aber auch Unternehmen müssen mehr dafür bezahlen, wenn sie auf Pump Investitionen tätigen wollen. Konsumentenkredite, Baukredite, Investitionsdarlehen für Unternehmen verteuern sich.

Allein eine Zinserhöhung um 0,5 Prozent bedeutet, dass ein Kredit in Höhe von 100 000 Euro im Jahr um 500 Euro teurer wird. Die Folge von teureren Krediten ist, dass weniger Verbraucher und Unternehmen die Lasten für Zins und Tilgung schultern. Es wird also weniger investiert.

Preisdruck lässt nach

Geringere Investitionen haben Folgen für die Konjunktur. Die Nachfrage nach Gütern sinkt nämlich. Man spricht auch davon, dass Zinssteigerungen dämpfende Wirkung auf das Wirtschaftswachstum haben.

Eine geringere Nachfrage hat zur Folge, dass der Preisdruck in einem Währungssystem nachlässt, die Inflationsraten also niedriger ausfallen. Warum ist das so? Wenn Unternehmen und Verbraucher insgesamt weniger konsumieren, werden die Unternehmen und Dienstleister angespornt, Produkte und Dienstleistungen attraktiver zu machen. Dies geschieht über den Preis. Sie senken die Preise und hoffen, auf diese Weise mehr Kunden zum Kauf bewegen zu können.

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Es gibt noch einen zweiten Mechanismus, der bei geringerer Nachfrage zur Dämpfung der Preise führt. Wenn Unternehmen weniger verkaufen, brauchen sie auch weniger Arbeitskräfte. Arbeitnehmer haben also eine schlechtere Position bei Verhandlungen mit ihrem Chef über den Lohn. Unternehmen können also tendenziell geringere Löhne durchsetzen. Geringere Lohnkosten führen dazu, dass Unternehmen geringere Produktionskosten haben und daher ihre Güter und Dienstleistungen billiger anbieten können. Auch über diesen Kanal, die Lohnkosten, wird also die Inflation gedämpft.

Es dauert lange

Allerdings: Es dauert lange, bis die beschriebenen Prozesse wirken. Finanzmarktexperten gehen davon aus, dass eine straffere Geldpolitik, also Zinserhöhungen, erst mit einem Abstand von zwölf bis 18 Monaten auf die Inflationsraten durchschlagen.