Während andere Bundesländer noch abwarteten, hat NRWs Innenminister vor knapp einem halben Jahr mehrere Präventionseinrichtungen gegen den gewaltbereiten Salafismus gegründet. Auch besorgte Lehrer und Familien suchen dort Rat. Jede Woche werden es mehr, die sich melden.

Bochum - Den kleinen Abstecher nach Bochum hat Ralf Jäger an diesem Vormittag gerne gemacht. Für einige Stunden muss er weniger Fragen nach dem inzwischen kritisch begleiteten Polizeieinsatz vom Wochenende gegen die randalierenden Hooligans in Köln beantworten; er kann sich statt dessen als entschlossen handelnder Innenminister präsentieren. Während andere Bundesländer noch abwarteten, hat er vor knapp einem halben Jahr mehrere Präventionseinrichtungen gegen den gewaltbereiten Salafismus gegründet; jetzt will er erste Bilanz ziehen.

 

Unter dem Namen Wegweiser hat er gemeinsam mit den Städten Bonn, Düsseldorf und Bochum ein Projekt aus der Taufe gehoben, dass entweder Salafisten den Weg zurückweisen oder besorgten Angehörigen helfen soll. An diesem Vormittag lächelt Jäger entspannt. „Die vielen Nachfragen zeigen“, gibt er selbstbewusst zu Protokoll, „das Projekt wird angenommen.“ In der Tat melden sich pro Woche mehr und mehr Betroffene, wobei zu den Betroffenen nicht nur jene zählen, die sich von der gewalttätigen Ideologie befreien wollen. „Bei uns melden sich besorgte Angehörige, Freunde und auch Lehrer, wenn sie erste Anzeichen dafür sehen, dass jemand in die Szene abrutscht“, erklärt Jäger.

Beratungsstellen nehmen auch Ursachen in den Blick

Gegenwärtig zählen die drei Anlaufstellen etwa 40 Hilfesuchende pro Woche. In Bochum arbeiten die Sozialarbeiter im Moment mit sechs Jugendlichen besonders intensiv, um ihre weitere Radikalisierung aufzuhalten. Jäger will dieses Präventionsprojekt nach den aus seiner Sicht erfolgreichen ersten sechs Monaten ausdehnen, er plant weitere Anlaufstellen in anderen Städten. „Es setzt früher an und wirkt breiter als jedes Aussteigerprogramm, weil es die Ursachen in den Blick nimmt“, glaubt der Innenminister.

Die Verfassungsschützer aus dem größten Bundesland haben die Szene intensiv in den Blick genommen und festgestellt, dass man rechtzeitig eingreifen muss, wenn man Erfolg haben will, Jugendliche vor dem endgültigen Abgleiten in den Salafismus zu bewahren. „Vor allem am Anfang kann man etwas ausrichten“, erklärt dazu Burkhard Freier, der Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz. Während erste Kontakte häufig über das Internet entstehen, spielt alsbald der persönliche Kontakt eine entscheidende Rolle. Die entsprechenden Gruppen grenzen sich stark von der Außenwelt ab,

Informationen gewinnen die Verfassungsschützer nur noch mit Hilfe von nachrichtendienstlichen Mitteln. „Wir wissen allerdings eine Menge“, versichert Freier, der ebenfalls an den Erfolg des Projektes Wegweiser glaubt. Die Düsseldorfer wollen mit Hilfe dieses Angebotes mindestens den rasanten Zulauf zur Szene bremsen. Nach den ersten Monaten geben sie sich verhalten optimistisch, dass dies mit der Anstrengung auch gelingen kann.