Kampf gegen Wohnungsnot Zahl der Baugenehmigungen geht abermals zurück

Der Immobilienmarkt in Deutschland boomt, doch das Angebot an Wohnungen hält nicht mit der großen Nachfrage Schritt. Im Sommer wurden erneut weniger Baugenehmigungen erteilt - schlechte Vorzeichen im Kampf gegen die Wohnungsnot.
Wiesbaden - Für die Wohnungsnot in vielen deutschen Städten ist weiter wenig Entspannung in Sicht. Trotz hoher Immobiliennachfrage sind erneut weniger Baugenehmigungen erteilt worden, teilte das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden mit.
Demnach wurden von Januar bis Juli 196 400 Wohnungen bewilligt, 3,4 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Allein im Juli habe es einen Einbruch von 8,6 Prozent gegeben. Die Genehmigungen gelten sowohl für neue Gebäude als auch für Baumaßnahmen an bestehenden Häusern.
Zwei- und Mehrfamilienhäusern mit Minus von 4,1 Prozent.
Mit dem Rückgang setzte sich der Trend aus dem ersten Halbjahr fort, in dem die Statistiker bereits ein Minus der Baugenehmigungen von 2,3 Prozent verzeichnet hatten. Besonders deutlich in den ersten sieben Monaten war das Schrumpfen bei den neuen Wohngebäuden, wo 4,1 Prozent oder 7300 Wohnungen weniger bewilligt wurden. Während die Zahl der Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser kaum sank, gab es bei Zwei- und Mehrfamilienhäusern jeweils ein hohes Minus von 4,1 Prozent.
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„Die Baugenehmigungszahlen bedeuten wiederholt nichts Gutes für die Zukunft des bezahlbaren Wohnens in Deutschland“, erklärte Axel Gedaschko, Präsident des Bundesverbands deutscher Wohnungs-und Immobilienunternehmen. Wenn die Talfahrt bei den Genehmigungen so weiter gehe, werde das Wohnungsangebot gerade in den Ballungszentren absehbar nicht mit der hohen Nachfrage mithalten können.
Jährlich müssten 350 000 bis 400 000 Wohnungen gebaut werden
Um die große Nachfrage nach Wohnungen zu stillen, müssen nach Einschätzung von Politik und Bauwirtschaft in Deutschland jährlich 350 000 bis 400 000 Wohnungen entstehen. Doch 2018 wurde der Neubau von lediglich knapp 302 800 Wohnungen genehmigt. Die Bundesregierung hat bisher ihr Ziel eines kräftigen Neubaus verfehlt - trotz mancher Fortschritte: Vergangenes Jahr wurden 285 900 Wohnungen fertig gestellt, immerhin der höchste Stand seit 2002.
Ein Jahr nach dem Wohngipfel im Kanzleramt habe sich nichts geändert, kritisierte der Deutsche Mieterbund mit Blick auf den Plan der Großen Koalition, 375 000 Wohnungen im Jahr zu schaffen. Die versprochene Offensive von Bund, Ländern und Kommunen sei „krachend gescheitert“.
Hausbauer warten oft Monate auf Handwerker
Gebremst wird der Neubau etwa dadurch, dass Flächen in Ballungsräumen knapp sind und Handwerker in der Flut der Aufträge kaum nachkommen. Hausbauer warten daher oft Monate auf Handwerker. Auch stauen sich am Bau Genehmigungen der Behörden, die noch nicht abgearbeitet sind.
Der Wohnungsneubau stehe und falle mit der Ausweisung von genug bezahlbarem Bauland durch die Kommunen, erklärte Andreas Ibel, Präsident des Bundesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen. Ausgerechnet in den Metropolen sei der Rückgang der Baugenehmigungen am größten. „Neue Wohnungen können nur geplant werden, wenn man auch weiß, wo man sie bauen soll.“
Auch rund ein Jahr nach dem Wohngipfel bastle die Politik an den Symptomen herum, statt die Probleme beim Schopf zu packen, monierte Andreas Mattner, Präsident des Zentralen Immobilien-Ausschusses. Nötig seien etwa Maßnahmen für schnelleres Bauen und Planen. Dazu kämen „sinnlose Regulierungsideen“ wie der Mietendeckel in Berlin.
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