Die Polizei von Toronto hat in der Nähe eines Sportstadions einen zehn Meter langen Tunnel entdeckt. Vom „Maulwurf“ fehlt jede Spur. Was hat es damit auf sich? Die Behörden sind beunruhigt.

Stuttgart - Keiner gräbt mitten im Winter zum Spaß ein Loch und einen zehn Meter langen Tunnel und schafft unbemerkt viele Tonnen Erdreich fort. Aber wer hinter dem mysteriösen Tunnelprojekt steckt, das jetzt mitten in Toronto entdeckt wurde, und welches Motiv den „Maulwurf“ trieb, ist ein Rätsel. Einen kriminellen Akt schließt die Polizei aus – bislang. Die Behörden in Kanadas größter Stadt haben die Öffentlichkeit um Hinweise gebeten. „Wir hoffen, dass Leute, die Informationen haben, sich bei uns melden“, sagt der stellvertretende Polizeichef Mark Saunders. Er spricht von einem Tunnel und einer unterirdischen Kammer.

 

Die Höhle ist zwei Meter hoch und ein Meter breit

Schon Mitte Januar hatte ein Mitarbeiter der Naturschutzbehörde auf einem Waldstück nahe dem Campus der York-Universität einen Erdhaufen gesichtet. Als er ihn näher untersuchte, fand er ein Holzbrett auf dem Boden und darunter einen Schacht. Der führte einige Meter in die Tiefe und ging in einen etwa zehn Meter langen Tunnel über, der zwei Meter hoch und einen Meter breit ist. Wände und Decken sind durch Holzbalken abgestützt. Die Polizei fand Behälter für Essen und Getränke, eine Pumpe, die Wasser aus dem Tunnel befördern sollte, einen Stromgenerator, Benzinkanister und Arbeitshandschuhe.

Gefunden: ein Rosenkrank mit Mohnblüte

„Wer immer es machte, es hat bestimmt viel Zeit gekostet“, meinte Vizepolizeichef Saunders. Dass einer allein den Bau vorantrieb, bezweifelt er. Ein Beweisstück fand besonderes Interesse: Im Tunnel angebracht war ein Rosenkranz mit einer roten Mohnblüte, das ist in Großbritannien und Kanada das Symbol für den Volkstrauertag und die Gefallenen der Kriege.

Da Kanada seit den Anschlägen auf Soldaten im vergangenen Oktober besonders sensibel ist, wenn es um mögliche Terroranschläge geht, und der Tunnel nicht weit vom Rexall-Sportkomplex entfernt ist, wo im Sommer die Tenniswettbewerbe der Panamerikanischen Spiele stattfinden werden, schießen die Spekulationen ins Kraut. War ein Anschlag geplant? Sicherheitsexperten melden sich zu Wort. Sie sprechen von „potenziell bösartigen“ Zielen, die hinter dem Projekt stehen könnten.

„Es ist kein Verbrechen, ein Loch zu graben“

Die Polizei hat keine Hinweise auf die Planung einer Straftat, dass Gefahr für die Öffentlichkeit bestand, dass eine Weltuntergangssekte hinter dem Tunnel oder Bunker stehen könnte, dass er als Schutz gebaut wurde oder möglicherweise der Drogenproduktion oder -lagerung dienen sollte. „Es ist kein Verbrechen, ein Loch zu graben“, sagte Kommissar Saunders. Aber die Polizei treibt um, dass sie eben nichts über Bauherr und Motiv weiß. Was immer dahintersteckt: der „Maulwurf“ müsste noch einmal von vorne beginnen. Der Tunnel wurde zugeschüttet.