Für die Grünen sitzt der Weissacher bereits seit 2019 im Gemeinderat. Als Bürgermeister will der 43-Jährige aber die Sorgen und Nöte aller Bürgerinnen und Bürger anhören.

Ich hatte nie vor, Bürgermeister zu werden“, sagt Pierre Michael gleich zu Beginn des Gesprächs. „In einer anderen Kommune käme eine Kandidatur für mich überhaupt nicht in Frage.“ Seinen Beruf – Michael ist Lehrer am Leonberger Johannes-Kepler-Gymnasium – verfolgt der Weissacher nach eigenen Aussagen seit 13 Jahren mit Leib und Seele.

 

Um seinen angestrebten Karrierewechsel zu erklären, holt Michael aus: Nämlich mit seinem Engagement im Kita-Elternbeirat seiner Tochter. „Ich habe schnell festgestellt, dass man dort nicht so viel bewirken kann und an Grenzen stößt“. Oft sei es nicht so vorangegangen, wie man es sich gewünscht hätte, Interessen der Familien seien nicht Ernst genommen worden. Als „Kaskade“ beschreibt Michael, was dann folgte: Er trat den Grünen bei, meldete sich beim Ortsverband und zog 2019 schließlich in den Gemeinderat von Weissach ein.

Die Welt zum Besseren verändern

Nun soll es der Posten des Bürgermeisters sein. „Im Gemeinderat kann man viel bewirken, aber auch dort stößt man an Grenzen“, erklärt der 43-Jährige. „Als Bürgermeister hat man einen viel größeren Aktionsradius.“ Und, so betont er: Es macht ihm Freude, Kommunalpolitik zu betreiben. Vielleicht habe das auch mit seinem Beruf als Lehrer zu tun „Das klingt vielleicht pathetisch, aber ich will die Welt zum Besseren verändern.“

Dass er keine Verwaltungserfahrung hat, sieht Michael nicht als Nachteil. „Die kommunale Verwaltung ist keine Raketenwissenschaft“, sagt er. „Ich traue mir zu, mir das ohne Probleme anzueignen.“ Viel wichtiger sei es, dass ein Bürgermeister nicht nur verwaltet, sondern Menschen zusammenbringt. Empathie, emotionale Intelligenz, Teamfähigkeit – das sind die Softskills, die Michael als essenziell für den Job auflistet. „Und die bringe ich mit. Sonst wäre ich kein guter Lehrer.“

Kritische Fragen wurden nicht immer gern gehört

Was Pierre Michael an Verwaltungserfahrung fehlt, bringt er dafür in Ortskenntnis mit. Als Bürger der Gemeinde schreibt er sich eine große Identifikation mit Weissach zu. Und auch seine Tätigkeit im Gemeinderat zählt er als Pluspunkt. „Ich brauche keine Einarbeitungszeit“, so Michael. „Ich kenne die Details bei kommunalpolitischen Themen, ich kenne die einzelnen Gemeinderäte und habe ein gutes Gespür für die Stimmung im Gemeinderat.“ Und, so sagt er: „Ich weiß, was ich als Bürgermeister zu tun habe, um die konstruktive Atmosphäre im Gemeinderat wiederherzustellen.“

Diese habe es in den letzten drei Jahren nicht immer gegeben. „Wenn es mal kritische Fragen gab, wurden die nicht immer gerne gehört.“ Als Bürgermeister will Michael verschiedenste Meinungen und Lösungsansätze anhören. „Und den Gemeinderäten das Gefühl geben, dass ihre Meinung und ihre Sorgen ernst genommen werden.“ Gemeinsam müsse man zu einem guten Kompromiss finden – auch, indem man das soziale Miteinander pflegt.

Zu viel gespart?

Seit 2013 wohnt Pierre Michael mit seiner Frau und zwei Kindern in Weissach, seitdem hat sich hier viel verändert. Die Jahre waren, so Michael, aber auch geprägt von viel Konsolidierung. „Das war schmerzlich, aber Vieles davon war auch berechtigt“, betont der Kandidat mit Blick auf die angespannte Haushaltslage. „Aus meiner Sicht ist das aber manchmal zu weit gegangen.“ An Vereinen, Kitas und Schulen etwa haben man zu viel gespart.

Diese beiden Themen hat der 43-Jährige auch im Wahlkampf auf dem Zettel. In Sachen Kitabetreuung herrsche viel Unmut, weil auch Weissach angesichts eines drastischen Fachkräftemangels immer wieder Betreuungszeiten nicht abdecken konnte. „Die Mitarbeiter fühlen sich nicht ernst genommen, einige Fachkräfte verlassen die Gemeinde.“ Und auch bei den Vereinen berichtet Michael von fehlender Wertschätzung. Trotz angespannter Haushaltslage müsse ihnen unter die Arme gegriffen werden, etwa mit Zuschüssen bei den Mietkosten. Den Radwegeausbau, das Starkregenrisikomanagement und besonders die heikle Personalsituation im Rathaus spricht Michael im Gespräch ebenfalls an.

Alle mitnehmen

Dass sich der Grünen-Gemeinderat im Wahlkampf als parteiübergreifend präsentiert, wird bei einem eventuellen Wahlsieg nicht an seiner Parteimitgliedschaft rütteln. Trotzdem will Michael ein Bürgermeister für alle Bürgerinnen und Bürger sein. „Man muss alle mitnehmen.“

Bürgermeisterwahl Weissach: Die Kandidaten stellen sich vor

Termin
 Die Bürgermeisterwahl findet am Sonntag, 3. Juli, statt. Die Gemeinde Weissach organisiert eine öffentliche Kandidatenvorstellung für Samstag, 18. Juni, ab 18 Uhr in der Strudelbachhalle. Die Veranstaltung wird live übertragen, Infos dazu gibt es im Internet auf www.weissach.de.

Ablauf
 Vier Bewerbungen sind eingegangen, alle vier hat der Gemeindewahlausschuss zugelassen. Bei der Kandidatenvorstellung haben alle die Chance, sich zu präsentieren. Im Anschluss haben Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, Fragen zu stellen.