Kannibalenfilme haben viele heimliche Fans. Am Montag erscheint der in Stuttgart produzierte Soundtrack zum nie gezeigten B-Movie "L'Isola Dei Dannati". Was hat es mit der durchgeknalltesten Veröffentlichung des Stuttgarter Popjahrs auf sich?

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Die wahrscheinlich durchgeknallteste Veröffentlichung des Stuttgarter Popjahrs feiert am Montagabend im Theater Rampe Premiere. Es geht um den Soundtrack zu einem imaginären italienischen Kannibalenfilm, "L'Isola Dei Dannati", zu deutsch: Die Insel der Verdammten. Die Punksängerin und Dozentin Yvy Pop hat sich dafür mit dem Filmmusikkomponisten Christian Bluthardt zusammengetan, die beiden nennen sich Mondo Sangue.

 

In zwei biergeschwängerten Stunden habe man die Handlung des nie erschienenen, willkürlich im Jahr 1978 verorteten Kannibalenfilms in Form von 15 Songtiteln zu Papier gebracht, beschreiben die Soundtrack-Macher. Die Bilder im Kopf stellen sich sofort ein: "Stranded and Exhausted" richten es sich die Gestrandeten irgendwo im Dschungel ganz gut ein. Ein Glücklicher trifft sich "In Doccia con Laura (Love Shower)", gefolgt von einer "Notte Senza Sonno (Sleepless Night)". Die Gruppe wird von Kannibalen gefangen genommen, es kommt zu "La Castrazione di Frank (Native Rituals)" und der Soundtrack schließt mit "La Fine (King of the Cannibals").

Da hat man sofort entsprechende Bilder im Kopf. Auch wenn das zeitgenössische Kino in der Darstellung von Brutalität an die einstmals bevorzugt in Bahnhofskinos gezeigten italienischen B-Movies teilweise heranreichen - es hat schon seine Berechtigung, dass die Filme bis heute auf dem Index stehen.

Tarantino macht's vor

Was den Reiz solcher Filme zumindest für bestimmte Zuschauer natürlich nur erhöht. In der Vorbereitung auf ihren Soundtrack seien sie draufgekommen, dass die "Dunkelziffer" heimlicher Kannibalenfilm-Connaisseure "sehr hoch" sei, berichten Yvy Pop und Christian Bluthardt. Zumindest das musikalische Revival der bevorzugt italienischen Trashfilme aus den Sechzigern und Siebzigern ist ja nicht zuletzt dank Quentin Tarantinos Hommagen an den Italowestern salonfähig geworden. Ennio Morricones umjubelter Auftritt in der Schleyerhalle im vergangenen Februar war ein mächtiges Zeugnis dessen, wie beliebt eine absolute musikalische Nische auch bei der Masse ist.

In diese Tradition stellen sich Yvy Pop und Christian Bluthardt. "Die Bilder in solchen Filmen sind schrecklich, die Musik dazu aber wunderschön", sagt Yvy Pop, "als ich sie meiner Mutter vorgespielt habe, meinte sie, das könnte auch zu einem Rosamunde-Pilcher-Film passen". Wenn man sich beispielsweise den kürzlich neu veröffentlichten Soundtrack zum Film "Cannibal Holocaust" anhört, lassen sich Parallelen zu Rosamunde Pilcher wie auch zu den Stuttgarter Aufnahmen nicht verkennen. Christian Bluthardt hat seinen Soundtrack zwar weitgehend am Rechner eingespielt. "Aber die Streicher haben sie schon damals gesampelt", behauptet Bluthardt.

Release-Party am Montag

"L'Isola Dei Dannati" erscheint am Montag (6. Juni) in einer Auflage von 666 als schweres Vinyl samt Filmposter beim Stuttgarter Label Allscore. Der Release wird mit einem besonderen Abendprogramm im Club Rakete in der Theater Rampe unweit des Marienplatzes gefeiert. Im Rahmen der Montage-Reihe führt der Kannibalenfilm-Experte Gaston Stoff in das Genre ein. Beginn ist um 21 Uhr, der Eintritt ist frei.

Übrigens soll es nicht beim Kannibalenfilm-Soundtrack bleiben. Von Erotica bis hin zu tschechischen Kinderfilmen fallen Yvy Pop und Christian Bluthardt mehr als eine Handvoll Genres ein, vor denen sie sich mit ähnlichen Projekten verbeugen können.


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