Die Fraktionsgemeinschaft SÖS/Linke sammelt Unterschriften für ein Bürgerbegehren gegen die Kapitalerhöhung der Landesbank Baden-Württemberg. Die Zeit dafür ist knapp.

Stuttgart - Die Fraktionsgemeinschaft von SÖS/Linke macht ihre im Gemeinderat geäußerte Ankündigung wahr, ein Bürgerbegehren gegen den städtischen Beitrag an der Kapitalerhöhung bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) zu organisieren. Dafür hat sie bei der 150. Montagsdemonstration gegen Stuttgart 21 mit der Unterschriftensammlung begonnen. Das bestätigte der Fraktionsvorsitzende Hannes Rockenbauch.

 

Er hatte als einer von zehn Stadträten gegen die Umwandlung von stillen Einlagen der Stadt in Höhe von 611 Millionen Euro in haftendes Eigenkapital gestimmt, mit der die Stadt auf die Nachzahlung von bis zu 80 Millionen Euro Zinsen aus den vergangenen drei Jahren verzichtet. Zudem begibt sich die Stadt mit der von der Europäischen Bankenaufsicht geforderten Stärkung des haftenden Eigenkapitals stärker ins Risiko: Die Dividende wird niedriger ausfallen als bei den stillen Einlagen, ein Verkauf der Anteile ist nur mit den beiden Partnern Land und Sparkassenverband Baden-Württemberg möglich.

Bürgerbegehren hat keine aufschiebende Wirkung

SÖS/Linke haben bereits Kontakt mit dem Rechtsanwalt Holger Zuck aufgenommen mit dem Ziel, die noch in diesem Jahr geplante Unterzeichnung des Vertrags zur Umwandlung zu verhindern. Dies werde, so kündigt Zuck an, in Form einer einstweiligen Anordnung geschehen.

Der städtische Pressesprecher Markus Vogt erklärte, diese Möglichkeit gebe es „im Grundsatz“ nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) von 2010. Der Umstand, dass ein Bürgerbegehren keine aufschiebende Wirkung habe, schließe die Stellung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, um das Bürgerbegehren oder einen Bürgerentscheid zu sichern, nicht aus, erklärte der VGH ausdrücklich.

Für die Gegner der Umwandlung ist die juristische Intervention auch vor dem Hintergrund wichtig, dass OB Wolfgang Schuster (CDU) bei Stuttgart 21 nach einem Gemeinderatsbeschluss Verträge unterschrieben hatte, ohne das angekündigte Bürgerbegehren abzuwarten.

20.000 Unterschriften in sechs Wochen werden benötigt

SÖS/Linke hatten vor der Abstimmung über die Umwandlung der stillen Einlagen die anderen Fraktionen gebeten, die Entscheidung zu vertagen und die Bevölkerung entscheiden zu lassen. Dies sei möglich, weil in der Beschlussvorlage ausdrücklich vermerkt sei, dass das Thema kein „haushaltswirksamer Vorgang“ sei und deshalb per Bürgerentscheids behandelt werden könnte. Die Zustimmung wurde aber versagt. Die Stadträtin Niombo Lomba erklärte für die Grünen, die Zeit sei zu kurz.

Die Kritiker der Landesbank wollen das Gegenteil beweisen und nun innerhalb von sechs Wochen die nötige Anzahl von 20 000 Unterschriften aus dem Kreise der Stuttgarter Wahlberechtigten sammeln. Die Stadt geht davon aus, im Erfolgsfall vier Wochen für die Prüfung zu benötigen. Christoph Ozasek vom Fraktionsbüro sagt, die ersten Unterschriftenlisten seien kopiert und verteilt worden. Viele weitere würden über die unzähligen Initiativen verbreitet, die mit SÖS/Linke vernetzt seien.

Hohe Hürden bei einem Bürgerentscheid

Während die Anforderungen an ein erfolgreiches Bürgerbegehren bereits als ambitioniert gelten, sind die Bedingungen, den Bürgerentscheid erfolgreich im Sinne der Organisatoren zu gestalten, für den Verein Mehr Demokratie schlicht unfair. Mindestens 25 Prozent der Wahlberechtigten – bezogen auf die 420 000 bei der OB-Wahl wären das rund 100 000 – müssten im Sinne der Umwandlungsgegner stimmen, um die Kapitalerhöhung zu verhindern. Bei einer Wahlbeteiligung von nur 40 Prozent müssten also rund zwei Drittel der Wähler im Sinne von SÖS/Linke votieren.