Ab 2022 greifen neuen Regeln des Baseler Ausschuss für die Bankenaufsicht. Eine Wirtschaftsweise zweifelt an der Wirksamkeit dieser veränderten Sicherheitsvorschriften.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Die deutsche Wirtschaftsweise Isabel Schnabel hat die neuen Sicherheitsvorschriften für Banken als zu lasch kritisiert. Die Bankenaufseher der großen Industrie- und Schwellenländer seien der Branche zu weit entgegengekommen, erklärte Schnabel in einer Stellungnahme zu den Beschlüssen vom Donnerstag: „Es war ein Fehler, sich im Vorhinein darauf festzulegen, die Eigenkapitalanforderungen nicht wesentlich zu erhöhen. Außerdem werden extrem lange Übergangsfristen gewährt.“

 

Die neuen Regeln des Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht greifen ab 2022, für ihre vollständige Umsetzung haben die Banken aber Zeit bis Ende 2026.

Branchenverband warnt vor Nachteilen für Unternehmen

Der Branchenverband Deutsche Kreditwirtschaft hatte mit Blick auf die Beschlüsse vor Nachteilen für die Wirtschaft in Europa gewarnt, etwa bei der Kreditvergabe. Tatsächlich müssen die Banken diesseits des Atlantiks ihr Eigenkapital, also Sicherheitspuffer für die Abfederung von Verlusten, wohl stärker erhöhen als die US-Konkurrenz. Das liegt allerdings an einer ausgesprochen großzügigen Interpretation der bisherigen Baseler Eigenkapitalvorgaben durch die europäischen Aufseher. Diese ließen den Banken viel Spielraum bei der Bewertung der mit ihren Geschäften verbundenen Risiken.

Davon profitierten vor allem große Banken, die sich ausgetüftelte Rechenmodelle für die Risikogewichtung leisten können. Der Einsatz dieser Modelle bei der Berechnung der Eigenkapitalquoten wird künftig beschränkt. Einige Ausnahmeregeln bestehen allerdings fort: Für Immobilienkredite beispielsweise darf die deutsche Aufsicht weiter niedrigere Risikogewichte ansetzen als international vorgeschrieben, solange die Ausfallquote bei Baukrediten hierzulande auf niedrigem Niveau bleibt.

Viele Institute haben bereits nachgebessert

Die Europäische Bankaufsichtsbehörde EBA kam in einer Folgeabschätzung zu den neuen Regeln für eine Stichprobe von 88 europäischen Banken zu dem Ergebnis, diese Institute müssten ihre Kapitalpolster in den nächsten neun Jahren kollektiv um 40 Milliarden Euro erhöhen. Ausgangspunkt dieser Schätzung ist allerdings der Dezember 2015, seither haben viele Institute bereits nachgebessert.

Genaue Zahlen zu den Folgen für deutsche Banken gibt es nicht. Von der Bundesbank gibt es eine Schätzung von Mitte November, als sich die am Donnerstag gefassten Beschlüsse bereits abzeichneten. Man erwarte „für die großen deutschen Institute einen Anstieg der Kapitalanforderungen von leicht über zehn Prozent, für die kleinen und mittleren Institute von knapp unter einem Prozent“, heißt es in einer damals von der Bundesbank veröffentlichten Rede des zuständigen Vorstandsmitglieds Andreas Dombret. Statt die Sicherheitspolster zu erhöhen, können Banken auch Risiken abbauen, um die Kapitalquoten zu verbessern.