Warum darf Kaufland mit dem BW-Signet werben, obwohl es mit dem offiziellen Landeszeichen zu verwechseln ist? Das wollen SPD und FDP jetzt mit Landtags-Anfragen erkunden. Sie reagieren damit auf StZ-Recherchen.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Der Umgang der Landesregierung mit zweifelhaften Herkunftszeichen auf Lebensmitteln beschäftigt nun auch den Landtag. Nach Berichten von Stuttgarter Zeitung und „Spiegel“ über das Einknicken des Staatsministeriums vor dem Kaufland-Konzern in Neckarsulm sehen die Fraktionen von SPD und FDP Aufklärungsbedarf. Unabhängig voneinander haben sie daher Parlamentarische Anfragen angekündigt oder schon eingereicht.

 

Darin verlangen sie Auskunft, warum Kaufland erlaubt wurde, in den Supermärkten das Baden-Württemberg-Signet mit den drei Löwen trotz der Verwechslungsgefahr mit dem offiziellen Herkunftszeichen für Agrarprodukte aus dem Südwesten zu verwenden. Andere Handelsketten hatten unter Druck oder freiwillig darauf verzichtet. Bei Kaufland, das zur Schwarz-Gruppe des Großsponsors Dieter Schwarz gehört, hatte das Staatsministerium dagegen überraschend alle rechtlichen Schritte für gegenstandslos erklärt.

FDP-Rülke: Fachleute an Arbeit gehindert

Zugleich stoppte es im Jahr 2014 die Arbeiten an einer Vorschrift, die unter Verweis auf den Fall Kaufland eine bessere Rechtsgrundlage für die Bekämpfung des Missbrauchs des BW-Signets geben sollte. Auf der Fachebene des Agrarministeriums und in der zuständigen Marketinggesellschaft hatte es darüber große Empörung gegeben. Dort geäußerte Vermutungen, das Land schone den Sponsor Schwarz, wies das Staatsministerium zurück.

Der FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sagte, über eine irreführende Ähnlichkeit zwischen dem Kaufland-Signet und dem Landeszeichen müssten die zuständigen Beamten oder unabhängige Juristen entscheiden. „Es geht aber überhaupt nicht, dass diese Fachleute von höchster Stelle an ihrer Arbeit gehindert werden“, betonte Rülke. Hier zeige sich einmal mehr die „Scheinheiligkeit“ von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), der sich als Freund von bäuerlichen Familienbetrieben und regionaler Vermarktung geriere. Verlässliche Verbraucherinformationen seien ein Bürgerrecht und ein hohes Gut, „das finanziellen Interessen der Landesregierung nicht wohlfeil geopfert werden darf“.

SPD-Nelius: Verbraucher werden getäuscht

Auch der SPD-Verbraucherexperte Georg Nelius betonte, die Kunden müssten sich auf das Qualitätszeichen des Landes verlassen können. „Deshalb wollen wir wissen, warum es einer Einzelhandelskette erlaubt sein soll, ein sehr ähnlich aussehendes Siegel zu verwenden.“ Es sei zu befürchten, „dass Verbraucher dadurch getäuscht werden“, sagte Nelius.