Setzt man sich versehentlich darauf, will man keine Splitter im Po. Und Runterfallen muss es natürlich auch ohne Sprung. Die Anforderungen an Smartphone-Displays sind hoch. Ist Glas wirklich das beste Material dafür?

Stuttgart - Zarte Risse wandern spinnennetzartig über das Display. Der Sturz auf die Betontreppe war zu viel für das Smartphone. Warum bloß muss der Tastbildschirm aus einem zerbrechlichen Material wie Glas bestehen?

 

Schuld daran ist ausgerechnet der frühere Apple-Vorstandschef. Wochenlang hatte Steve Jobs im Jahr 2007 den Prototypen des ersten iPhones in seiner Tasche – zusammen mit einem Schlüsselbund. „Ich werde kein Produkt verkaufen, das zerkratzt werden kann“, soll er gewettert haben, als er die hässlichen kleinen Kratzer bemerkte, die der Schlüssel auf dem Plastik-Display hinterlassen hatte. „Ich will ein perfektes Glasdisplay, und zwar in sechs Wochen.“

Ein Smartphone-Bildschirm muss auf Berührung reagieren

Heute haben in Europa alle Smartphones und Tablets ein Glasdisplay. Und das hat – neben der Kratzfestigkeit – viele weitere Vorteile. „Glas ist transparent und polarisierbar. Das heißt, es kann elektrische Feldlinien weiterleiten. Ohne diese Eigenschaften funktioniert ein Display nicht, das auf Berührung reagieren soll“, sagt Bjoern Luerßen, Chemiker am physikalisch-chemischen Institut des Laboratoriums für Materialforschung der Justus-Liebig-Universität Gießen. Denn Smartphones werden über einen so genannten kapazitiven flächigen Sensor bedient. Das bedeutet: Berührt man mit dem Finger einen bestimmten Punkt auf dem Display, verzerrt man dadurch ein elektrisches Feld. Der Sensor nimmt das wahr und weiß, was der Finger genau antippt.

Öffnet sich dann beispielsweise ein Foto, darf sich der Nutzer über die gute Qualität der Darstellung freuen. „Glas ist ein sehr ebenes, homogenes Material, dass die hohe Auflösung der Displays gut weitergibt“, sagt Lutz Klippe. Als Physiker ist er bei der Firma Schott in Jena zuständig für die Entwicklung von Spezialgläsern wie sie etwa bei Smartphones und Tablets eingesetzt werden.

Die oberste Glasschicht dient als sehr dünne Schutzschicht

Und was ist nun mit der Zerbrechlichkeit? Klippe findet, dass Smartphones bei Stürzen heute schon deutlich mehr aushalten, als noch vor einigen Jahren. Der Grund ist, dass die oberste Glasschicht des Displays – dieses ist aus mehren Schichten aufgebaut – immer dünner geworden ist und heute nur noch etwa 0,5 Millimeter aufweist. Was das mit dem Material macht, kann man an einem Holzstück beobachten: Je feiner man dieses hobelt, umso biegsamer und damit flexibler wird es.

„Hinzu kommt, dass wir diesem Deckglas eine Schutzschicht verpassen“, sagt Klippe. Dazu wird das Glas in heißer Salzschmelze gebadet. Ionen des Salzes dringen ins Glas ein. Das setzt die Oberfläche unter Druck und macht sie stabiler.

Ein flacher Fall ist besser als einer auf die Kante

Warum dennoch so viele Menschen mit einem Sprung im Display herum laufen, liegt vor allem daran, wie sie ihr Telefon herunterfallen lassen. „Bei flachem Fall hat es gute Chancen, zu überleben. Fällt es jedoch auf eine Tischkante oder eine Treppenstufe, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass das Display springt“, sagt Bjoern Luerßen von der Justus-Liebig-Universität Gießen. Denn dann wirkt die Kraft beim Fall nur auf einen bestimmten Punkt ein und verteilt sich nicht auf das ganze Display. Hinzu kommt, dass jedes Display in einen Rahmen eingebaut ist. Je nach Gewicht drückt dieser zusätzlich auf die Glasschicht. Auch sobald ein kleiner Kratzer oder Riss im Display ist, wird das Smartphone den nächsten Sturz wohl eher nicht unbeschadet überleben. „Die Schutzspannung funktioniert dann nicht mehr“, sagt Klippe.

Wer sein Smartphone nicht mit einer Displayfolie und Hülle selbst schützt, wird sich wohl auch in den nächsten Jahren mit den Rissen im Display abfinden müssen. „Es bleibt die große Herausforderung für Forscher und Entwickler, hier eine bessere, möglichst unzerbrechliche Lösung zu entwickeln“, sagt Klippe.