Karate-WM in Japan Ein junger Stuttgarter kämpft für seinen Traum

Eine Leidenschaft fürs Leben: Jamal Afful praktiziert Karate seit er fünf Jahre alt ist. Foto: Günter Bergmann

Der 18-jährige Jamal Afful ist bereits Träger des ersten Dan und reist als fünfmaliger deutscher Jugendmeister nach Asien. Was ihn dort erwartet, wie Karate sein Leben prägt und welche Ambitionen er bei der WM hat.

Sport: Dominik Grill (grd)

Der Kiai ist ein Kampfschrei, dessen Geschichte bis in die Gründerzeit der alten japanischen Kampfkünste zurückreicht. Er soll Stärke demonstrieren und das eigene Selbstbewusstsein mit dem Körper in Einklang bringen. Der Schrei ertönt unter anderem im Dojo Degerloch, wo ein junger Meister und Träger des ersten Dan die alte Kampfkunst trainiert und selbst unterrichtet: Jamal Afful, ein 18-jähriger Stuttgarter, für den ein Traum in Erfüllung geht: Die Teilnahme an der Karate-Weltmeisterschaft in Japan.

 

Jamal Afful: „Das Schlüsselwort lautet Kontrolle“

Das Dojo – so lautet die Bezeichnung für eine Trainingshalle der japanischen Kampfkünste – der TSG Stuttgart ist mit Matten ausgelegt und abgesehen von einem einsamen Boxsack ziemlich leer. Die wichtigsten Trainingsmethoden sind ohnehin einstudierte Choreografien, die Arbeit mit einem Gegenüber und Schattenkämpfe. „Karate ist für mich eine Kampfkunst und weniger ein Kampfsport“, sagt Jamal Afful, der zusammen mit seinem jüngeren Bruder Jayden für die TSG Stuttgart aktiv ist.

Während beispielsweise Taekwondo oder Kickboxen den sportlichen Wettbewerb in den Vordergrund stellen, nimmt beim Karate die Philosophie dahinter eine besonders große Rolle ein. Neben dem Körperlichen liegt der Fokus auf der Weiterentwicklung der Persönlichkeit, auf mentaler Stärke, und weniger auf dem Dominieren des Gegners. Jamal Afful bringt es so auf den Punkt: „Du könntest den anderen ausknocken, tust es aber nicht.“

Das Schlüsselwort lautet für ihn Kontrolle. Was er damit meint, demonstriert er zusammen mit seinem Bruder: Jamal Afful holt zum Mawashi Geriaus, hierzulande eher bekannt als Roundhouse-Kick, mit großer Dynamik bewegt sich der Fuß, umso beeindruckender ist die hohe Präzision und das akkurate Abstoppen, sodass die Fußfläche Jayden Afful nur mit einem leisen Klatschen im Gesicht trifft. Der zuckt weder zusammen noch verschließt er die Augen, so groß ist das Vertrauen in seinen Bruder und dessen Können.

Karate wurde den beiden in die Wiege gelegt, Jamal Afful begann bereits im Alter von fünf Jahren die Kampfkunst zu praktizieren. Der erste Trainer der Brüder: Vater Ian, der seit rund 40 Jahren Karateka und heute Träger des sechsten Dan ist. „Wir haben schon früher gegenseitig Techniken ausprobiert, auch wenn das unserer Mutter nicht immer gefallen hat“, meint Jayden Afful grinsend.

Jamal Afful war schon als Zwölfjähriger deutscher Meister in seiner Altersklasse, kommt mittlerweile auf fünf nationale Titel. Bereits mit 17 Jahren wurde er Träger des ersten Dan, der ersten Stufe des Schwarzgurts und gilt damit als „Karatemeister“. Dabei fängt mit dem ersten Dan der lange Weg eines Karatekas erst an. „Die Leute unterschätzen völlig, was alles dahintersteckt, um diese Level zu erreichen“, sagt Jamal Afful, und fügt an: „Die meisten Männer überschätzen ihr Fähigkeiten im Kampf um das Tausendfache.“

Es brauche viel mehr als ein wenig Boxsacktraining und Kraftsport. Für ihn persönlich sind es zwei Dinge: Konzentration und Disziplin. Es sind Tugenden, die ihm auch außerhalb des Karate weiterhelfen: „Es ist schön zu sehen, wie man persönlich daran wächst.“ Mittlerweile springt er schon auch mal selbst als „Sensei“ ein, als Lehrer, und unterrichtet eine Gruppe von jungen „Senpais“, Schülern und Schülerinnen beim TSG Stuttgart.

Die Karate-WM in Japan

In diesem Jahr machte der junge Mann Abitur und erreichte auch in seiner Karate-Karriere den erwähnten Meilenstein: Als Teil einer Gruppe von 25 Kaderathleten aus Deutschland wird er bei der Karate-WM des Verbandes Japan Karate Association (JKA) in Takasai, Japan, seine Heimat vertreten. Die Kämpfe des Stuttgarters finden am Freitag, 25. Oktober, statt, es können schon mal fünf bis zehn an der Zahl sein – je nachdem, wie viele Athleten aus aller Welt sich nach Japan aufmachen. Seine persönlichen Ambitionen für die WM? „Es reizt mich, mich international mit Athleten zu vergleichen, und ich will auf jeden Fall beweisen, dass ich zur besseren Hälfte weltweit gehöre.“ Zur absoluten Spitze dürfte es nicht reichen, zu stark schätzt er die Heimathleten ein: „Auf eigenem Boden werden die Japaner nichts anbrennen lassen.“

Da auch ein deutscher Meister nicht vom Karate leben kann, strebt er ein Chiropraktik-Studium an – das Körperliche liegt ihm einfach. Den weiten Weg eines Karatekas will er aber weiter gehen und – genauso wie sein Bruder – die Leiter der Dan-Grade erklimmen.

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