165 Schulen in Schuss und knapp 1000 Mitarbeiter bei Laune zu halten, das will gelernt sein. Karin Korn musste sich die Finanzen dafür Jahr für Jahr erkämpfen – 27 Jahre lang. Zum Jahresende wechselt die 66-Jährige in den Ruhestand.

Stuttgart - Ihr Büro hoch über dem Österreichischen Platz mit Aussicht auf die Stuttgarter Innenstadt samt Halbhöhen hat sie schon aufgeräumt. Zum Jahresende verlässt Karin Korn ihr Schulverwaltungsamt. 44 Jahre lang hat sie dort gearbeitet, 27 Jahre als Leiterin, und drei Ober- und fünf Schulbürgermeister erlebt. Vor allem aber hat sie die Stuttgarter Bildungslandschaft maßgeblich mitgestaltet. „Es war eine rasante Entwicklung“, sagt sie.

 

Das spiegelt sich nur zum Teil in wachsenden Mitarbeiterzahlen. Knapp tausend sind es derzeit, fast doppelt so viel wie zu Beginn ihrer Amtsleiterzeit. Womit diese sich alles beschäftigen, ist in der Öffentlichkeit kaum bekannt. Klar, das Schulverwaltungsamt ist unter anderem dafür zuständig, die 165 Schulen für die rund 78 500 Schüler in Schuss zu halten. Aber mit dem Inschusshalten war und ist es nicht so einfach. „Die ersten zehn Jahre meiner Amtszeit waren nur Haushaltskonsolidierungen“, sagt Karin Korn. Das kostete Personalstellen. „Man hat für die Finanzierung von jeder Maßnahme kämpfen müssen“, berichtet die Verwaltungswirtin. Und kämpfte. Und zwar in der ihr eigenen, sachorientierten Art. Nie ausfallend, immer freundlich, aber beharrlich. Und immer bestens informiert. „Ich hab manchmal ne Million gekriegt, und dann wurde die gleich wieder gestrichen“, sagt sie. Wie sollte man da Schulen sanieren?

Deckeneinsturz in Bad Reichenhall hatte Folgen für Stuttgart

Und dann, am 2. Januar 2006, stürzte die Decke der Eislaufhalle in Bad Reichenhall ein, 15 Menschen starben, 34 wurden verletzt. „Das hat zur Folge gehabt, dass auch in Stuttgart alle Decken und die Statik überprüft worden sind“, so Korn. „Das erste Schulsanierungsprogramm lief 2008.“ Und: „Wir haben 2008 alle Abteilungen neu strukturiert und das Immobilienmanagement in einer zentralen Abteilung gebündelt.“ Längst machten das andere Städte nach. Ab 2010 gab es erstmals eine strukturierte Untersuchung aller Schulanlagen durch Drees und Sommer, samt Priorisierungsliste. Geschätzter Sanierungsbedarf damals: 350 Millionen Euro. Doch der Plan, alles bis 2016 erledigt zu haben, ging in die Hose. Das stemmten weder Bauwirtschaft noch Hochbauamt. Das Programm wurde nun bis 2026 gestreckt. Und verursacht dadurch Zusatzarbeit: „Weil wir jetzt Zwischenlösungen finden müssen“, sagt Korn. Ganz zu schweigen vom Umgang mit genervten Schulgemeinden.

Die größte Herausforderung? Das war für Karin Korn der flächendeckende Ausbau der Ganztagsschulen ab 2011. Schließlich mussten nicht nur Mensen herbeigezaubert und Räume so umgestaltet werden, dass Kinder sich den ganzen Tag dort aufhalten können – und das in einer Stadt, in der um jeden Quadratmeter gekämpft wird. Es geht ja auch darum, gemeinsam mit Schulen und Trägern passende Raumlösungen für pädagogische Konzepte zu finden. Etwa für die Gemeinschaftsschulen. Dass dabei Themen wie Inklusion, Sanierung und Digitalisierung mitgedacht werden müssen, macht die Sache komplex. Nicht zuletzt muss der Politik begreifbar gemacht werden, dass sie dafür auch genügend Geld bereitstellen muss.

Die scheidende Amtsleiterin sorgt sich um die Überbelastung ihrer Mitarbeiter

Zuletzt klemmte es nicht mehr am Geld, das konnte kaum noch verbaut werden, sondern an Mitarbeitern für die Planungen. „2016/17 hat man festgestellt, dass es ein Riesenpersonalproblem gibt – aber das ist sehr spät kommuniziert worden.“ Auf ihre Mitarbeiter lässt Korn nichts kommen: „Die haben immer fantastisch mitgezogen – aber wir sind an unsere Grenzen gestoßen und haben eine anhaltende, extreme Überbelastung.“ Dazu beigetragen haben auch Veränderungen durch die Bildungspolitik: veränderte Schülerströme durch den Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung und ein verstärktes Elternwahlrecht – und in der Folge übervolle Gymnasien und Realschulen und ausblutende Werkrealschulen. Sowie daraus resultierende Fusionen bei Grund- und Sonderschulen und Streit um Schulwege. „Das erfordert viele Gespräche und breite Beteiligungsprozesse“, so Korn. Und Nerven aus Stahl. Sie räumt ein: „Ich bin auch an die Grenzen meiner physischen Möglichkeiten gegangen.“ Nun aber sagt die 66-Jährige, die seit April versucht, ihre Überstunden abzubauen: „Ich bin stolz, dass wir jetzt in 42 der 70 Grundschulen den Ganztagsbetrieb umsetzen.“ Und sie sei froh, dass Stuttgart sich für die Qualitätsvariante auf Hortniveau entschieden habe. Denn zwei Dinge lagen ihr immer besonders am Herzen: dass das Wohl der Kinder im Vordergrund stehen müsse. Und dass das Schulwesen sich „dem Wandel der Zeit anpassen muss und nicht realitätsfremd werden darf“, wie sie bei ihrer Vorstellung im Gemeinderat im November 1991 erklärt hatte. Das sieht sie auch bei den Gemeinschaftsschulen als erfüllt an.

Im neuen Jahr übernimmt Andreas Hein die Leitung des Schulverwaltungsamts

Am Mittwoch wird Korn offiziell verabschiedet, zum Jahresende geht sie. „Ich freu mich drauf, mehr Zeit zu haben“, sagt sie. Für Freundschaften, Sport, Wellness, Kochen, Backen, Reisen. Im neuen Jahr übernimmt ihr Nachfolger Andreas Hein.