Ermittler durchsuchten Radio Dreyeckland und Wohnungen von zwei Mitarbeitern. Nun wird die gegen einen von ihnen erhobene Anklage nicht zugelassen. Ein Experte spricht von einem Signal für die freie Presseberichterstattung.

Rund vier Monate nach der Durchsuchung bei Radio Dreyeckland in Baden-Württemberg hat ein Gericht die Anklage gegen einen Redakteur nicht zugelassen. Eine beanstandete Verlinkung sei keine Unterstützung einer verbotenen Vereinigung, begründete das Karlsruher Landgericht seine Entscheidung, wie ein Sprecher am Mittwoch auf Anfrage berichtete. Die Eröffnung eines Hauptverfahrens wurde demnach am Dienstag abgelehnt.

 

Die Karlsruher Staatsanwaltschaft hatte Anklage gegen den Journalisten des nicht-kommerziellen Senders erhoben. Es ging um einen mutmaßlichen Verstoß gegen ein Vereinigungsverbot. Der Vorwurf lautet nach früheren Angaben der Ermittler, dass auf der Homepage des Senders ein Bericht veröffentlicht worden sei, der einen Link auf ein Archiv der verbotenen Vereinigung „Linksunten.Indymedia“ enthalten habe. Die Anklage richtete sich gegen den Verfasser des Berichts.

In seiner Begründung stellte das Landgericht laut Sprecher fest, der Link auf die Archivseite von „Linksunten.Indymedia“ sei im konkreten Fall keine Unterstützung der weiteren Betätigung einer verbotenen Vereinigung. Ob diese noch existiere, sei zudem unklar.

Radio Dreyeckland hat eine lange Tradition als links-alternativer Sender

„Ich bin sehr erleichtert, dass das Landgericht Karlsruhe die Pressefreiheit verteidigt hat. Der Schaden ist damit aber nicht aus der Welt: Die Hausdurchsuchung hat meine Privatsphäre massiv verletzt und Journalist:innen sind verunsichert worden, wie sie über verbotene Organisationen berichten dürfen“, reagierte der betroffene Redakteur Fabian Kienert laut Mitteilung des Senders. Ermittler hatten Mitte Januar zwei Mitarbeiterwohnungen und Redaktionsräume des Freiburger Senders durchsucht.

Gegen die Nicht-Eröffnung des Hauptverfahrens kann die Staatsanwaltschaft binnen einer Woche Beschwerde einlegen, wie der Gerichtssprecher weiter berichtete. Das Gericht werde über die Beschwerde gegen die Durchsuchung noch separat entscheiden - das dürfte in „absehbarer Zeit“ passieren. Einen Termin nannte er nicht.

Die Bürgerrechtsorganisation Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), die nach eigenen Angaben den Journalisten in dem Strafverfahren unterstützt, nannte den Gerichtsbeschluss wegweisend: „Die Entscheidung ist ein wichtiges Signal für freie und kritische Presseberichterstattung in ganz Deutschland“, erklärte Koordinator David Werdermann laut einer Mitteilung.

Das Gericht habe begründet, dass Strafnormen mit Blick auf die Presse- und Rundfunkfreiheit einschränkend ausgelegt werden müssten, teilte Werdermann weiter mit. Verlinkungen gehörten zum geschützten Bereich der freien Berichterstattung. Medien könnten für verlinkte Inhalte nicht ohne Weiteres strafrechtlich belangt werden, lautete Werdermanns Auslegung.

Radio Dreyeckland hat eine lange Tradition als links-alternativer Sender. Er entstand aus der regionalen Anti-Atomkraft-Bewegung der 1970er Jahre und bekam 1988 als erstes freies Radio in Deutschland eine Sendelizenz.