Karlsruhe verbietet den Alkoholkonsum am Brennpunkt Werderplatz. Anwohner und Passanten hatten sich über Pöbeleien von Betrunkenen beklagt. Könnte das Verbot auch anderen Städten im Land als Vorbild dienen?

Karlsruhe - Öffentliche Saufgelage, Belästigung von Anwohnern, Störung des Marktgeschehens: Das Treiben auf dem Werderplatz ist den Karlsruhern schon lange ein Dorn im Auge. Jahrelang versuchte die Stadt, die Situation an dem Platz in der quirligen Südstadt in den Griff zu bekommen. Jetzt hat der Gemeinderat beschlossen, von April 2019 an ein temporäres Alkoholkonsumverbot zu erlassen. Karlsruhe ist damit Vorreiter im Land.

 

Ein Freiburger Vorstoß hatte keinen Erfolg

Freiburg hatte zwar bereits Ende 2007 ein sechsmonatiges Alkoholverbot für Teile der Altstadt erlassen. Allerdings ohne anhaltenden Erfolg: Der Verwaltungsgerichtshof entschied aufgrund einer Klage, dass das Verbot eine zu pauschale Freiheitseinschränkung und somit nicht rechtens sei. Seit Dezember 2017 jedoch gilt das neue Landespolizeigesetz, womit eine Grundlage für örtliche Alkoholkonsumverbote geschaffen wurde. Den Ortspolizeibehörden ist es nun erlaubt, per Verordnung den Konsum und das Mitführen alkoholischer Getränke auf bestimmten öffentlichen Plätzen zeitlich begrenzt zu verbieten. Im Gegenzug wurde das bis dahin geltende nächtliche Alkoholverkaufsverbot nach 22 Uhr aufgehoben.

Seit Jahrzehnten gelte der Werderplatz als „besonders konfliktreicher Platz“, so die Stadt. Rund um den sogenannten Indianerbrunnen treffen sich Obdachlose, um gemeinsam zu trinken. Zwischen 40 und 60 Personen sind es regelmäßig, in Spitzenzeiten bis zu 80. Der Unmut bei Passanten und Anwohnern ist groß. Weder Sozialarbeiter noch Polizei und der kommunale Ordnungsdienst konnten die Situation entschärfen. Dabei würde sich der Werderplatz mit Markt, viel Einzelhandel und Gastronomie durchaus als Schmuckstück der Stadt eignen. Doch nun wird sich zeigen, ob er sich dazu mausern kann. Künftig greift von April bis Oktober montags bis samstags von 11 bis 20 Uhr das Alkoholverbot.

Es gibt auch Hilfsangebote

Um die Probleme in den Griff zu bekommen, setzt die Stadt auch auf Hilfsangebote. So wird nach Räumen für einen Drogenkonsumraum gesucht, der im nächsten Jahr eröffnet werden könnte. In der kommenden Woche wird darüber im Stuttgarter Ministerrat diskutiert. Und in einer ehemaligen Gaststätte in der Nachbarschaft des Werderplatzes wird eine Trinkerstube eingerichtet. Dort kann mitgebrachter Alkohol getrunken werden, Sozialarbeiter sind stets vor Ort.

Nur mit diesen Maßnahmen sei das Verbot wirksam, so die Mehrheit im Gemeinderat. Den Räten ist zwar klar, „dass ein Verbot nur so gut ist wie die Kontrolle“, so der CDU-Sprecher Jan Döring. Doch die Mehrheit zeigte sich froh über das neue Instrument. Selbst die Grünen – früher vehemente Gegner – stimmten mehrheitlich für die Verordnung. Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) geht es dabei um „die Entzerrung der Szene“. Dennoch gibt es Kritik, etwa von dem Stadtrat Lüppo Cramer (Karlsruher Liste). Der Beschluss zeige, dass „wir nicht wirklich wissen, wie wir mit den Menschen auf dem Werderplatz umgehen sollen“. Die Szene würde damit „nur in andere Stadtteile verdrängt“.

Auch in Stuttgart stand ein Verbot zur Diskussion

Trotzdem könnte das Verbot auch anderen Städten im Land als Vorbild dienen. In Freiburg werde das Thema derzeit nicht mehr diskutiert: „Die Lage bei uns hat sich durch verstärkte Polizeipräsenz entschärft“, sagte eine Rathaussprecherin unserer Zeitung. Vor einigen Jahren war ein Alkoholverbot allerdings unter anderem in Stuttgart eine Option – für den Brennpunkt Berliner Platz. In Esslingen darf – ebenfalls zeitlich begrenzt – schon lange am Zentralen Omnibusbahnhof kein Alkohol getrunken werden. Und Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat sich wiederholt für ein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen ausgesprochen.