Die Investoren kritisieren die Reform der Ökostromförderung, halten aber offiziell an dem Projekt fest. Darin sind sich die Raffinerie Miro und ihr Partner, ein Stadtwerkeverbund, einig.

Karlsruhe -

 

E s war einst angepriesen als „ein Kraftwerk für die Energiewende“, sollte einen riesigen Bedarf an Prozesswärme abdecken – und gleichzeitig in Schwachlastzeiten Strom ans Netz abgeben. Eigentlich eine Win-win-Situation gleich für mehrere Beteiligte. Seit 1962 gibt es am Rheinufer bei Karlsruhe eine der größten Raffinerieanlagen Europas. Dort werden jährlich 14 Millionen Tonnen Treibstoffe verarbeitet. Doch das voriges Jahr im Juli vorgestellte 1200 Megawatt-Kraftwerk geht nun vorerst zurück auf Null.

900 Millionen Euro sollten investiert werden, ein Gesamtwirkungsgrad von 90 Prozent sei mit der neuen Gas- und Dampfturbine (GUD) gar unter optimalen Bedingungen erreichbar – mit entsprechend niedrigeren CO2-Emissionen. Sogar Umweltschützer waren einigermaßen angetan. Mit dem nordrhein-westfälischen Stadtwerkeverbund Trianel stand zudem ein kompetenter Bauherr in den Startlöchern. Doch nun steht das Projekt möglicherweise sogar vor dem Aus. Es wird jedenfalls deutlich in Frage gestellt. Von einer „Verschiebung des Zeitplans“, spricht man in einer gemeinsamen Erklärung der Trianel-Zentrale in Aachen und der Mineralölraffinerie Oberrhein (Miro) in Karlsruhe. Tatsächlich zeigen beide sich ziemlich verärgert.

Neue Ökostromförderung macht eine Investition schwierig

„Dass das neue Erneuerbare-Energiegesetz (EEG) zusätzliche Hürden aufbaue, statt bestehende aus dem Weg zu räumen, sei ärgerlich, bringe uns aber nicht von unserem Kurs ab“, versuchen der Sprecher der Miro-Geschäftsführung, Hans-Gerd Löhr, und Sven Becker, Sprecher der Geschäftsführung der Trianel GmbH, zu beschwichtigen. Mit dem Vorstoß vor einem Jahr, und den damals vorgelegten Plänen für ein neues Kraftwerk in vergleichbarer Größe eines Kernkraftwerks, hatten sich die beiden Kooperationspartner aber tatsächlich erhofft, dass die Politik bei der EEG-Novelle neuen Spielraum eröffnet. Das Gegenteil scheint nun einzutreten.

„Das neue EEG beinhaltet massive Hürden für das geplante GUD-Kraftwerk“, lassen die Projektpartner wissen. Nach dem novellierten Gesetz drohe gerade aufgrund der angestrebten Flexibilisierung der Stromerzeugung, auf die das Karlsruher Konzept abstelle, eine wesentliche wirtschaftliche Benachteiligung. Demzufolge werden man nun „in Abhängigkeit von der Klärung der Unsicherheiten aus dem neuen EEG“ frühestens 2015 das Genehmigungsverfahren einleiten.

Im Karlsruher Rathaus sieht man das Projekt wackeln

Gegenüber dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) wird der Trianel-Projektleiter jedoch noch deutlicher: Aufgrund aktueller politischer Rahmenbedingungen sehe man sich gezwungen, „die Projektentwicklung zu verlangsamen und den Zeitplan an den weiteren energiepolitischen Entscheidungsprozess anzupassen“, heißt es mehrdeutig in einem Schreiben, das der BUND-Landesvorsitzenden Brigitte Dahlbender zuging und das der StZ vorliegt. Aus dem Karlsruher Rathaus gibt es ernst zu nehmende Stimmen, dass das Großkraftwerk auf dem Miro-Werksgelände „wohl eher nicht komme“.

Zum 1. August ist die EEG-Novelle in Kraft getreten. Mit dem novellierten EEG hätten sich nicht nur die wirtschaftliche Perspektive der Projektoption deutlich verschlechtert, sondern es werde generell „die Möglichkeit verbaut, die industrielle Wärmeversorgung für eine Flexibilisierung der Stromerzeugung zu nutzen“.

Das Kraftwerk ist sehr effizient

Im Juli 2013 hatten Miro und Trianel die gemeinsamen Planungen zur Errichtung eines GUD-Kraftwerks in Karlsruhe vorgestellt. Neben einem wichtigen zusätzlichen Beitrag zur Versorgungssicherheit in Südwestdeutschland nach dem Ausstieg aus der Kernenergie sollte das GUD Oberrhein die Integration erneuerbarer Energien unterstützen. Dabei war auch beabsichtigt, mehrere rund 50 Jahre alte Anlagen durch moderne, hocheffiziente GuD-Anlagen zu ersetzen, welche die Energiebereitstellung für den Raffineriestandort mit einer flexiblen Stromerzeugung für die öffentliche Versorgung verbinden sollte. „Der aktuelle Strommarkt und die Eigenstromregelung des EEG bieten keine ausreichenden Investitionsanreize“, teilen Trianel und Miro mit.

Der Karlsruher Landtagsabgeordnete Johannes Stober (SPD) hatte am Freitag gefordert, dass das neue EEG „nachjustiert werden müsse“. Dies könne erfolgen durch eine stärkere Differenzierung zwischen Eigenverbrauch und Fremderzeugung.